40 Jahre Eduard-Flanagan-Schule: Gemeinsam in die Zukunft!?

Wie sieht die Zukunft für Förderschulen aus in Zeiten der Inklusion?

Der Direktor der Eduard-Flanagan-Schule, Peter Baumann, begrüßt die Teilnehmer der Diskussionsrunde auf dem Podium (von links): Dieter Eitel, Christel Fleischmann, Monika Glück-Arndt, Dr. Margarete Sauer, Jeanette Brödder, Katja Spielmann, Sylvia Kraffczyk und Hilde Spahn. Sie alle beleuchteten aus unterschiedlichen Blickwinkeln das Thema „Inklusion“.

 

Den Feierlichkeiten zum 40jährigen Jubiläum der Eduard-Flanagan-Schule wurde bewusst eine Podiumsdiskussion mit dem sehr aktuellen Thema „Inklusion“ vorangesetzt. Ebenso bewusst und sorgfältig waren die Teilnehmer ausgesucht und eingeladen worden. So trafen sich am vergangenen Freitag beschlussfassende Amtsträger, ausführende Pädagogen und betroffene Eltern von förderbedürftigen Kindern auf dem Podium im Bewegungsraum der Schule zu einer spannenden Gesprächsrunde, in der aus unterschiedlichen Blickwinkeln dieses Thema beleuchtet wurde.

 

Den zahlreichen Gästen und Zuhörern wurde ein umfassendes Spektrum an einzubeziehenden Argumenten geboten. Moderiert wurde das Gespräch von Frau Dr. Margarete Sauer, die ehemalige Schulleiterin des Max-Planck-Gymnasium in Groß-Umstadt.
Zu Beginn kam Frau Sylvia Kraffczyk, Schulleiterin der Bachwiesenschule in Hergershausen, zu Wort. Diese führte aus, wie Inklusion an ihrer Grundschule praktiziert würde, welche individuellen Möglichkeiten ausgeschöpft und wie auch in Zusammenarbeit mit den Eltern differenzierte Arbeitsaufträge gegeben würden. Positive Vorbilder in der Klasse stärkten jeden Einzelnen. Frau Jeanette Brödder, deren Kind an der Hasselbachschule in Habitzheim inklusiv beschult wird, bestätigte dies und unterstrich, dass die Schulbegleitung auch den anderen Schülern der Klasse zur Verfügung stehe und so keine Ausgrenzung durch Sonderstellung in der Klasse entstünde. In der flexiblen Eingangsstufe werde ihrem Kind zudem die nötige Zeit gegeben, was Zuversicht in eigene Fähigkeiten und Selbstständigkeit bewirke. Frau Katja Spielmann, die sich mit ihrem Mann ganz bewusst von Anfang an für die EFS, also eine Förderschule, für ihren Sohn entschieden hatte, bereut ihre Entscheidung gegen Inklusion nicht, denn hier fände er die notwendige individuelle Unterstützung und fühle sich nicht durch andere „bessere“ Schüler in seinem Selbstwert hintenangestellt. Herr Peter Baumann, der Schulleiter der Flanagan-Schule und somit auch Gastgeber der Runde, unterstrich gerade diesen Aspekt, der besonders bei Kindern zum Tragen komme, die von sich aus stark mit anderen in Konkurrenz treten. An einer Förderschule kann schon wegen der kleineren Klassenstärke sehr individuell auf die Bedarfe der Schüler eingegangen werden und mit der gegebenen Zeit werden Fortschritte gemacht, die wiederum die Schulzeit als eine glückliche Zeit erlebbar machen. Der Regelweg sei nach wie vor die Einschulung in die Grundschule, doch im Hinblick auf das subjektive Wohlfühlen eines Kindes, sollte möglichst frühzeitig erkannt werden, ob eine Förderschule nicht etwa geeigneter für den jeweiligen Schüler wäre. Schließlich sei die „Freude am Lernen vorrangig“.
Auf die Frage, welche Schulen wir denn in welcher Zahl bräuchten, gab Herr Christel Fleischmann, stellvertretender Landrat und Schuldezernent, Auskunft: Dass man die Förderschulen mit Sicherheit noch sehr lange bräuchte, auch wenn gerade erst Fördermittel bewilligt wurden, die ein völlig überarbeitetes Konzept für die räumliche und bauliche Umsetzung möglich machen. Bis 2020 möchte der Kreis so in Griesheim eine Schule umsetzen, deren inklusiver Ansatz deutlich abgebildet wird. „Der Raum als vierter Pädagoge“ wurde als Stichwort von Frau Dr. Sauer aufgenommen und an Frau Monika Glück-Arndt weitergegeben, die als Expertin für den Bereich Aus- und Weiterbildung beim Verband für Sonderpädagogik eingeladen war. Diese zeichnete ein kurzes Bild über die Unterschiede des Unterrichtens an Förder- und Regelschulen und sah für die Zukunft eine größere Vielfalt, vermehrte Ganztagsbeschulung, individuelleren Umgang mit Schülern und ein sich änderndes Aufgabenfeld für Lehrkräfte. Keine Lehrkraft ginge mehr mittags nach Hause und wäre schon jetzt auch Berater und Schulkooperator. Dafür müssten jedoch auch die Räumlichkeiten gerade an größeren Schulen gegeben werden, um stille Arbeitsplätze oder Beratungszimmer für Teamarbeit zu schaffen. Über den normalen Unterricht hinaus käme viel Arbeit auf die Lehrer zu und „Team-Teaching“ wäre nicht mehr die Ausnahme. 
Frau Hilde Spahn, die Schulleiterin der Eichwaldschule in Schaafheim, fand es besonders wichtig, gerade den Übergang in die weiterführende Schule gut zu gestalten mit Gesprächen über individuellen Bedarf der jeweiligen Schüler mit deren Eltern und ehemaligen Lehr- kräften. Die bfz-Begleitung sei dabei eine große Bereicherung, da nicht nur die Gesamtklasse, sondern jedes individuelle Kind im Blick gehalten würde.
Der stellvertretende staatliche Schulamtsleiter und Dezernent für sonderpädagogische Förderung, Herr Dieter Eitel, bezog sich auf den gesetzlichen Auftrag der Förderung der einzelnen Schüler mit körperlichem, sozial-emotionalem oder cognitivem Sonderbedarf zusammen mit anderen Kindern. Als Schulamtsvertreter müsse er jedoch sagen, dass es ohne räumliche Veränderungen an den Grundschulen nicht gehe. Auch Vorklassen und Notengebung seien Stolpersteine, die von der Verwaltung noch nicht bearbeitet worden seien. Doch auch wenn diese Punkte abgehakt seien, würde es die Förderschule exklusiv geben müssen, denn mehrfachbeeinträchtigte Kinder benötigten 1:1-Unterricht und allein geringere Klassenstärken gäben schon bessere Rahmenbedingungen. An dieser Stelle wünschte sich Frau Brödder, dass es mindestens einen Förderlehrer an jeder Grundschule gäbe und auch Herr Eitel hätte gerne mehr Personal an den Schulen. Hier warf auch Fleischmann ein, dass bei insgesamt 44 Grund- und 7 Förderschulen die baulichen Maßnahmen vor allem Zeit bräuchten, denn das Investitionsvolumen sei groß.
Es wären also noch viele Veränderungen nötig, Schule als einen Lernort zu gestalten, an dem sich Schüler und Lehrer wohl fühlen und Inklusion zur Norm werde, in der Teilhabe und Barrierefreiheit auf allen Ebenen gegeben sei. 
An dieser Erkenntnis angelangt, wollte Frau Dr. Sauer die Gesprächsrunde eigentlich abschließen, als Peter Baumann plötzlich noch einen weiteren Gast ankündigte. Mit Schwung kam ein schwarz gekleideter Herr auf die Bühne und stellte sich als Pater Edward Flanagan vor. In von englisch durchsetztem Deutsch erklärte er, dass er der Einladung zum Jubiläum gefolgt sei, weil er vor 100 Jahren in Amerika die „Boy’s Town“ gegründet hatte und sich freue, dass vor 40 Jahren hier sein Grundgedanke weitergeführt wurde: „Kein Kind ist schwierig, es sind die Umstände, die es dazu werden lassen!“. 
Doch eben wurde er etwas verwirrt, als er am Gebäude seinen Namen in eingedeutschter Schreibweise fand. Um die Verwirrung im Publikum aufzulösen, schüttelte Frau Kerstin Glanz die langen Haare unter dem Hut hervor und gab sich als Konrektorin der EFS zu erkennen. Mit einem Augenzwinkern überreichte sie im Namen der Schule Herrn Christel Fleischmann den Antrag auf Namenskorrektur der „Eduard-Flanagan-Schule“ in „Edward- Flanagan-Schule“.
Nach diesem sehr gelungenen Auftritt, bedankte sich der Gastgeber bei den Diskussionsteilnehmern auf der Bühne mit einem druckfrischen Exemplar der Schülerzeitung „Flanagan-Express“ und lud alle auf einen schönen Nachmittag beim Schulfest ein, das er hiermit als eröffnet verkündete.      kb

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