Mit einer guten Idee das Universum ein klein wenig besser gemacht

Riesige Freude herrschte bei Familie Frank als der Wohnzimmerschrank in Lima ankam. Walter Frank (sitzend) mit (v.li.) Joceline Frank (Tochter von Walter Frank), Deborah Frank mit Ehemann Jimmy Frank (Sohn von Walter Frank), Elaine Levy (Tochter von Walter Frank) mit Ehemann Charles Levy.

Die landesweiten November Pogrome 1938 machten auch vor Babenhausen nicht halt. Zahlreiche Häuser wurden geplündert, SA-Trupps brachen mitten in der Nacht die Türen der jüdischen Häuser auf und zogen die Bewohner, die nur mit einem Nachthemd bekleidet waren, auf die Straße. Der vierzehnjährige Siegfried Kadden wird brutal verprügelt, seine Mutter wird mit heftigen Fußtritten zum stürzen gebracht. Der damals 72jährige Julius Seewald wird auf dem Marktplatz zusammengeschlagen. Jüdische Frauen und Kinder werden (in Nachthemden) auf einem Platz hinter die Brauerei getrieben, drangsaliert, geschlagen, misshandelt. Einige männliche Babenhäuser Juden wurden dann im Rathaus inhaftiert und anschließend nach Buchenwald gebracht.

Bei der Entlassung aus Buchenwald wird erstmals von einem Konzentrationslager gesprochen (Nov. 1938). Die jüdische Synagoge wurde damals nur nicht in Brand gesetzt, weil sie mitten in der historischen Altstadt stand und sonst ein Großbrand gedroht hätte. Nach der Entlassung aus Buchenwald bereitete Albert Frank sofort die Flucht vor, die viele Monate später nur gelang, weil Lina und Albert Frank Hilfe von ihrem Freund Heinrich Schweitzer erhielten. Heinrich Schweitzer, Metzger und Gastwirt vom Frankfurter Hof, unterstützte die Familien Frank und Kahn bereits mit Lebensmitteln und Dingen des täglichen Bedarfs. Die Kosten für die Ausreise konnten die Eheleute Frank nur zusammenbekommen, weil ihnen Heinrich Schweitzer abermals half und ihnen Möbel abkaufte, womit er Mut und Zivilcourage bewies und die Freundschaft über den Druck des Regimes stellte, die solche Geschäfte untersagte. Nachdem Walter Frank 1938, durch die Güte eines Verwandten aus Amerika (ohne polizeiliche Abmeldung), über Lausanne und Italien nach New York ausreisen konnte, flohen auch Albert und Ehefrau Lina Frank 1939 über England ebenfalls nach New York. Als Bernd Willand, Sohn von Emma und Fritz Willand (der in Babenhausen als Rennfahrer Fritz bekannt ist), die Hintergründe um die Geschichte des Wohnzimmerschrankes erfuhr, setzte er sich mit Elfriede Löhr (Enkelin von Heinrich Schweitzer) in Verbindung. Seine Idee, den Schrank der Familie Frank wieder zur Verfügung zu stellen gefiel Elfriede Löhr und im Sinne ihrer Vorfahren und der tiefen Freundschaft der Familien Frank und Schweitzer stimmte sie diesem schönen Vorschlag sofort zu. Der Schrank ging am, 2. Oktober 2015, auf die Reise ins ferne Peru. (Siehe Bericht „Freundschaften überdauern Zeit, Flucht und Krieg“ Babenhäuser Zeitung vom 08. Oktober 2015, online einsehbar) Ein interessanter Zufall ist, dass der Schrank am 9. November 2015 in Peru ankam und nach siebenundsiebzig Jahren, nun auch ein kleines positives Licht auf diesen Tag mit all seinen schrecklichen Geschehnissen fallen lässt. Oder wie es Bernd Willand treffend formulierte „Als wenn das Universum jetzt ein ganz klein bisschen besser ist.“  hz

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