Besonders für das Spiel auf der klassischen Konzertgitarre benutzt die Sechzehnjährige kein Plektron, um die Saiten anzuschlagen, sondern die Fingernägel. „Manche Gitarristen haben so feste Nägel, dass sie sie nicht präparieren müssen“, sagt Julia. „Meine würden abbrechen, deshalb muss ich sie erst auf eine bestimmte Länge wachsen lassen und dann mit einem speziellen Gel festigen.“
Das gelte aber nur für die rechte Hand, die linke, die die Gitarristen Greifhand nennen, hat stets ganz kurz und flach gefeilte Nägel. „Man kann einen Konzertgitarristen leicht an seinen unterschiedlich aussehenden Händen erkennen“, sagt Julia lachend. Obwohl erst kurz vor ihrem 17. Geburtstag, ist die Langstädterin schon seit Jahren eine gefragte und mit zahlreichen Preisen bedachte Musikerin. Dabei sollte eigentlich ihr Bruder Gitarrist werden. Doch für ihn war das regelmäßige Üben eher Pflicht als Vergnügen. „Als mein Bruder mit dem Gitarre spielen begann, wollte ich es unbedingt auch probieren und habe mir von ihm die Gitarre geliehen“, erzählt Julia. Zwar habe sie den „Instrumentenverleih“ mit einem Teil ihres Taschengelds bezahlen müssen, doch die Investition hat sich gelohnt.
In diesem Jahr gewann sie zum dritten Mal auf Bundesebene den Wettbewerb „Jugend musiziert“; die Jubiläumsstiftung der Sparkasse hob wegen ihres außergewöhnlichen Talents die „Initiative zur Förderung von besonderen Begabungen und Leistungen“ aus der Taufe. Die Stiftung ermöglichte der jungen Gitarristin mit einem finanziellen Zuschuss die Anschaffung einer neuen Konzertgitarre und die Teilnahme an einem Gitarren-Workshop in Österreich.
Die nächste Reise führt Julia Lange nach Chile, wo sie – unterstützt vom Goethe-Institut – mit dem jungen Gitarren- Orchester Baden-Württemberg auf eine dreiwöchige Konzert-Tournee geht. Trotz ihrer inzwischen auch internationalen Engagements hat sie Babenhausen nicht aus dem Blick verloren, tritt weiterhin in ihrer Heimatstadt auf, wann immer kulturelle Veranstaltungen anstehen, wie zuletzt bei der Matinee im Wasserschloss.
Hinter ihren Auftritten, die leicht und anmutig wirken, steckt oftmals viel Arbeit. So muss sich Julia auf ihre Chilereise besonders intensiv vorbereiten, die Stücke, die sie Solo und mit den anderen Orchestermitgliedern spielen wird, täglich proben. „Ich spiele lieber ohne Noten, aber in diesem Fall muss es sein“, sagt sie. Auch konzentriert sich Julia Lange seit einigen Monaten stärker auf die Westerngitarre, die besser dafür geeignet sei, modernere Stücke selbst zu arrangieren. „Vor einem Jahr war ich noch fest entschlossen, klassische Konzertgitarre zu studieren.“ Doch den einstigen Plan will sie nun noch einmal überdenken. Denn es gehe dabei vor allem darum, die höchstmögliche musikalische Perfektion zu erreichen.
„Klassische Stücke lassen dem Musiker aber wenig künstlerischen Spielraum“, findet Julia. Die Teilnahme an Wettbewerben möchte sie vorerst reduzieren, um mehr musische Entfaltungsmöglichkeiten bis hin zum Komponieren eigener Stücke zu haben. „Dazu fehlte mir bisher die Zeit.“ Außerdem ist da ja noch die Schule. In zwei Jahren will Julia das Abitur machen mit den Leistungskursen Englisch und – natürlich – Musik. mel
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