Sie stricken zum ersten Mal gemeinsam, nur für Interview und Bild. „Wir sind eben eher die ‚Geheimstricker‘“, erklärt Hannelore Grellert augenzwinkernd und relativiert, „jede von uns strickt, wann sie Zeit und wie sie Lust hat. Das ist der einzige Grund, warum wir noch nie gemeinsam gestrickt haben.“ Nur stricken ist nicht ganz korrekt, denn Martina Muhl häkelt ausschließlich. Sie ist mit 53 Jahren die Jüngste im Bunde der Wohltäterinnen. So wollen Inge Appel, Hannelore Goschier, Grellert und Muhl allerdings gar nicht bezeichnet werden, erzählen bescheiden über ihr Ehrenamt für Kinderkliniken und Geburtenabteilungen.
Goschier schlägt sieben Maschen auf eine Nadel, zeigt, wie winzig Söckchen für Frühgeborene sind. Maximal 15 Zentimeter messen Söckchen, rund 30 Zentimeter ein Pucksäckchen, das Frühgeborene warm hält. „Das Material muss zu 75 Prozent aus Schurwolle sein, bei 60 Grad waschbar. Aus Hygienegründen“, sagt Initiatorin Grellert. Sie versorgt die kleine Gruppe mit Wolle, dokumentiert Jahr für Jahr, wie viel und was gestrickt wurde und organisiert den Versand.
„Wir haben uns den echten Teddy Tanten angeschlossen“, erzählt sie. Über die Zeitung auf die Organisation aufmerksam geworden, war der 67-Jährigen klar, dass sie dafür ihre Freizeit opfern möchte. Über eine Kleinanzeige erhält sie Unmengen an Wollspenden und drei Mitstreiterinnen. 81 Kilogramm Wolle verstrickten und verhäkelten die Damen in vier Jahren. In einem Jahr kommen bis zu 300 Teile plus 150 Häkelsterne zusammen. Letztere sind für den Abschiedsbrief von Eltern an ihr tot geborenes Kind (Sternenkind). „Beim Häkeln meiner ersten Decke für ein Sternenkind, dachte ich, weinen zu müssen. Aber ich habe so viel Liebe in das Deckchen hineingehäkelt, dass das Kleine bestimmt toll oben angekommen ist“, betont Martina Muhl in den Himmel zeigend. „Die Söckchen wärmen dreifach: die Kinder, wenn sie sie tragen; die Eltern, wenn sie die Kinder damit sehen und die Schwestern, wenn sie dadurch ein Lächeln bei den Eltern sehen“, ergänzt Goschier, die am liebsten Strümpfe und Mützen für Frühgeborene strickt.
Ein Helfersyndrom bescheinigen sich die vier Strickdamen. Eine Frühchenstation haben sie noch nie von innen gesehen. „Es ist einfach nur schön, etwas Sinnvolles zu tun und dass es da ankommt, wo es gebraucht wird“, sagen sie bescheiden. Im Herbst und Winter werden laut Inge Appel die Nadeln wieder glühen. „In der kalten Jahreszeit strickt es sich am besten.“
Die Echten Teddy Tanten:
Doris und Michael Kümmel sowie Edith Kerber aus dem nordhessischen Staufenberg riefen die Echten Teddy Tanten im Jahr 2008 über das Internet ins Leben. Selbst Frühchen in der Familie mussten sie leidvoll erfahren, dass totgeborene Kinder meist lieblos in Papier und Mullwindeln in Krankenhäusern entsorgt wurden und für die Eltern kein wirklicher Abschied möglich ist. Seit dieser Zeit stellt das Trio Kinderstationen kostenlos ein Bekleidungsset zur Verfügung, um den „Sternchen“ einen würdevollen Abschied zu ermöglichen. Für die Frühchen stricken sie Trostteddys, Regenwurmsöckchen, Mützen, Pucksäckchen und vieles andere. Seit der Gründung versorgten sie 160 Krankenhäuser mit gestrickten Sets, von vielen freiwilligen Strickdamen im gesamten Bundesgebiet hergestellt. Nähere Informationen unter www.echte-teddy-tanten-trostteddy-aktionen.de
(Text/Foto: nda)
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