„Das Pfarramt ist eine Lebenshaltung“

Pfarrerin Amélie Sinapius ist die neue Pfarrerin in Ober- und Nieder-Klingen / Einführung am 28. Januar

Pfarrerin Amélie Sinapius wird mit einem Gottesdienst am Sonntag, 28. Januar 2018, um 14 Uhr in der Kirche in Nieder-Klingen eingeführt. Anschließend geht es ins Volkshaus in Ober-Klingen.

Das Kirchspiel Otzberg wird weiblich: Nach Esther Häcker und Yvonne Blanco Wißmann kommt nun die dritte Frau. Pfarrerin Amélie Sinapius beginnt am 1. Februar in Ober- und Nieder-Klingen. Am Sonntag, 28. Januar,  wird sie eingeführt.

Die alte Hofreite unweit des Hofguts Habitzheim hat die Familie schon bezogen, auch wenn noch einiges zu tun ist. Die Fenster sind einladend geschmückt. Beim Klingeln bellen die drei Hunde. Anton, Urmel, Axa und Töchterchen Leonore stehen als Begrüßungskomitee an der Haustür. Amélie Sinapius beginnt am 1. Februar offiziell als neue Pfarrerin von Ober- und Nieder-Klingen und ist schon jetzt im Einsatz: ein Taufgespräch, Treffen mit den Otzberger Kolleginnen Esther Häcker (Lengfeld und Habitzheim) und Yvonne Blanco Wißmann, mit der sie sich die Stelle in Ober- und Nieder-Klingen teilt, und dem Kollegen Alfred Schwebel (Hering und Hassenroth) sowie den Kirchenvorständen. „Das Pfarramt ist eine Lebenshaltung“, sagt die 41-Jährige, „ich arbeite so viel wie ich Kraft habe – mal sehen, wie das mit einer halben Stelle geht.“

Schon als Kind von Gottesdiensten angetan

Amélie Sinapius ist viel herumgekommen in der Welt. Geboren in Berlin, aufgewachsen in Hanau-Steinheim ging sie nach dem Abitur erst einmal ein Jahr nach Großbritannien, um dort mit körperlich Behinderten zu arbeiten. Auch wenn sie schon mit 14 wusste, dass sie Pfarrerin werden wollte. Den Horizont aufhalten – das ist ihr wichtig. Im Anschluss, 1997, studierte sie Theologie in Jena und Münster. Amélie Sinapius besuchte, obwohl evangelisch, einen katholischen Kindergarten und machte ihr Abitur am katholischen Franziskanergymnasium in Großkrotzenburg. Sie habe schon als Kind eine große Affinität zu Gottesdiensten gehabt und sei in der katholischen Kirche gut angedockt gewesen, sagt sie. Nach der Konfirmation wollte sie eigentlich aus der evangelischen Kirche austreten, doch dann war sie so angetan von dem neuen Vikarsehepaar, dass sie begann, sich in der Jugendarbeit und bei der Gottesdienstgestaltung zu engagieren. Je mehr sie über das Pfarramt lernte, umso mehr merkte sie: Hier kann ich mit den Menschen in ihrer Ganzheitlichkeit umgehen. Medizinerin werden wie ihr Vater hätte ihr nicht ausgereicht. „Ich wollte umfassender mit den Menschen umgehen.“ Der Glaube sei immer da gewesen, sagt die Theologin, auch wenn er im Laufe der Biografie immer mal wieder umgebaut werden müsse.
Ihr Vikariat machte Amélie Sinapius in Montabaur. Es folgte ein Jahr Spezialvikariat im Theologischen Seminar in Herborn, danach betreute sie ein halbes Jahr psychisch kranke Menschen beim Diakonischen Werk in Limburg. Die junge Theologin wollte in Ökumenischer Theologie promovieren, bekam aber kein Vollstipendium und ließ es – vor allem auch mit Blick auf die Familienplanung – bleiben. Prompt kam ein Angebot aus London, wo drei deutsche Gemeinden ein spendenfinanziertes Juniorpfarramt zu besetzen hatten. Am 1. April 2007 war Amélie Sinapius ordiniert worden, am 20. April begann sie in London. In der dortigen Gemeinde lernte sie ihren Mann kennen, ein Deutscher, der in Großbritannien Abitur gemacht und studiert hatte. Doch ihr war klar, wenn sie nicht nur Hausfrau und Mutter sein wollte, musste sie zurück nach Deutschland.

London, Kenia, Wetterau, Habitzheim

Das Paar heiratete 2010, am 1. Januar 2011 begann Amélie Sinapius in Reichelsheim in der Wetterau. Das Pfarramt war länger vakant gewesen, sie leistete Aufbauarbeit, stieg nach der Geburt von Leonore (2012) und einem dreimonatigen Aufenthalt in Irland wieder voll ein. Nachdem 2015 Töchterchen Luise geboren war, wollte sie das nicht mehr, weil es zu Lasten der Kinder gegangen wäre. Sie übergab das Pfarramt, nahm drei Jahre Elternzeit und die Familie ging für einige Zeit nach Kenia, wo Amélie Sinapius‘ Mann ein fair zertifiziertes Bergbauunternehmen führte. Dann begann er in  Darmstadt zu arbeiten, pendelte anfangs täglich von der Wetterau dorthin. Und so war klar, dass die nächste Pfarrstelle in der Nähe von Darmstadt sein müsste. Im Sommer 2017 wurde Pfarrer Udo Fischer nach 33 Jahren in Ober- und Nieder-Klingen in den Ruhestand verabschiedet. Das passte, zumal die Familie ohnehin sesshaft werden wollte und in Habitzheim die alte Hofreite entdeckte – für Amélie Sinapius Liebe auf den ersten Blick – und kaufte. In Ober- und Nieder-Klingen hat sie nun eine halbe Stelle und teilt sich die Arbeit mit Yvonne Blanco Wißmann, die dort seit Sommer 2017 die Vakanzvertretung bis Ende 2019 hat. Die beiden kennen sich aus dem Vikariat.
„Otzberg hat Potenzial“, sagt Amélie Sinapius. Vorurteile gegenüber dem ländlichen Leben kennt sie nicht. Im Gegenteil. „Es gibt sehr weise Menschen auf dem Dorf“, sagt sie. Dass sie es nicht weit zur Oper nach Darmstadt haben, gefällt ihr auch. Wie geht sie es in den Kirchengemeinden an? Erst einmal wolle sie hören, was die Kirchenvorstände sich vorstellen, denn diese hätten ein gutes Gespür, wer im Dorf wohnt, und dann werde sie sehen, was sinnvoll, nötig und machbar sei. Sie habe „den Verdacht, dass Kinder- und Jugendarbeit sinnvoll sein könnte“. Auch möchte sie Gottesdienste zu bestimmten Situationen und an bestimmten Orten feiern, wie Udo Fischer es schon gemacht hat. „Das entspricht mir sehr.“

(S.Rummel)

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