Stadtgeschichte: Das Schloss Babenhausen und zwei seiner Bewohner

Bei der Matinee der Babenhäuser Schätze, am 05. Juli diesen Jahres, konnten die Besucher den aktuellen Zustand des Schlosses bewundern. Die Fassade wurde vollständig saniert, alle Fenster werden zur Zeit modernisiert und wahrscheinlich sah das Schloss noch nie so schön aus wie es sich heute seinen Gästen präsentiert.

Im Jahr 1826 sahen die „Besucher“ das Babenhäuser Wahrzeichen mit ganz anderen Augen, denn damals wurde die großherzogliche-hessische Militärstrafanstalt vom nahegelegenen Otzberg ins Schloss nach Babenhausen verlegt. Zwei bekannte Persönlichkeiten mussten die Haftstrafe in Babenhausen antreten, die wir nun etwas vorstellen möchten.
Einer der bedeutendsten hessischen Revolutionäre, der Darmstädter Jurist Friedrich Wilhelm Schulz, wurde am 19. August 1834 eingeliefert, nachdem ihn das Oberkriegsgericht Darmstadt, als Verfasser politischer Schriften und Flugblätter, zu fünf Jahren schwerer Festungshaft verurteilt hatte.  Dank seiner Frau Karoline gelang ihm die Flucht aus dem Schloss. Karoline war ihrem Mann nach Babenhausen gefolgt und bereitete die Flucht von ihrer Wohnung Ecke Fronhof/Schlossplatz vor. In der kalten Silvesternacht 1834/35 wurden die Planungen in die Tat umgesetzt und über Straßburg flüchtete das Ehepaar Schulz nach Zürich. Die Korrespondenz, die damals zwischen Schloss und Schlossplatz geführt wurde, erschien bereits 1846 unter dem Titel „Briefwechsel eines Staatsgefangenen mit seiner Befreierin“. Karoline Schulz gibt dabei interessante Einblicke in das Leben von Babenhausen im Jahre 1835 wieder. Der Heimat- und Geschichtsverein Babenhausen stellte in einem interessanten Vortrag die Geschichte von Friedrich Wilhelm Schulz, der ein Weggefährte Büchners war, bereits vor.
Eine andere bekannte Persönlichkeit, die im Schloss die Festungshaft verbüßen musste, ahnte 1834 noch nicht, dass ihn der Weg einige Jahre später nach Babenhausen führen wird. Der damals 19jährige Christian Adalbert Kupferberg schrieb damals seine „Memoiren“ und widmete sie seiner „theuerste und innigste Freundin“ Meta. Insgesamt sind 511 (!) Briefe erhalten, die er an seine Freundin, Braut und spätere Ehefrau geschrieben hat. Mit einem Dampfschiff fuhr Christian Adalbert Kupferberg damals von Mannheim nach Mainz um seine Mutter und Schwester zu besuchen, aber auch um Meta wiederzusehen. Bei einem dieser Besuche kam es 1845 zu einem Zwischenfall. Auf einer vereisten Stufe rutschte Meta aus und ein preußischer Offizier machte eine hämische Bemerkung. Kupferberg stellte den Offizier zur Rede, was dieser als Verletzung seiner Ehre auffasste und Kupferberg daraufhin zu einem Pistolen-Duell aufforderte. In einer Kölner Zeitung wurde über das Duell berichtet. „Der Offizier, dem der erste Schuss zustand, traf seinen Gegner lebensgefährlich; dieser besaß noch vor dem Zusammensinken Kraft genug, zu zielen und abzudrücken. Er traf den Offizier gerade in die Brust, und derselbe wurde als Leiche von den Secundanten aufgehoben.“ Duelle waren zwar nach den damalig geltenden Strafgesetzen verboten, der Verstoß wurde aber nicht mit krimineller, sondern mit Ehrenstrafe geahndet, also nicht mit Gefängnis oder Zuchthaus, sondern mit Festungshaft, das heißt mit ehrenhaftem Freiheitsentzug. So geschah dies auch am 16. April 1845, als Kupferberg zu einer einjährigen Festungsstrafe verurteilt wurde.
Am 4. August 1845 trat Christian Adalbert Kupferberg seine Haft an und schrieb bereits am folgenden Tag einen Brief an „Meine innigstgeliebte theure Meta!“. Er schrieb: „Meine Lage ist erträglich und die Behandlung so anständig, dass mich jeder hier für Besuch halten könnte.“ In seinem Brief beschreibt er auch seine Unterkunft: „Das Schloss liegt wirklich recht gesund und schön, die Spaziergänge in dem Garten und auf den Wällen sind sehr ausgedehnt und ziemlich mannigfaltig. Mein Zimmer ist eine Stiege höher als die Wohnung des Herrn Oberstleutnant. Die Aussicht von hier ist allerliebst. Das Zimmer selbst hat zwei Fenster, ist also recht hell, hoch und geräumig, das Ameublement ist einfach, aber hinlänglich und sehr solid.“ Am 4. Mai 1846 trifft „endlich“ seine Begnadigung ein. Am 5. Mai bereitet man ihm eine Abschiedsfeier und nach 9monatiger Haft verlässt Christian Adalbert Kupferberg das Schloss Babenhausen. Drei Monate später tritt Kupferberg eine neue Stelle als angehender Weinexport-Kaufmann an. Im Jahr 1847 gründet er mit dem Weingutsbesitzer Kempf in Neustadt in der Pfalz ein neues Unternehmen. Keine Weinhandlung, sondern einen Produktionsbetrieb zur Herstellung moussierender Weine. Am 4. April 1850 gründete Christian Adalbert Kuferberg unter seinem Namen eine eigene Sektkellerei.
Durch die ehemalige Militärstrafanstalt im Schloss haben alle Babenhäuser in der Silvesternacht immer zwei interessante Geschichten zusätzlich im Glas, wenn man auf ein gutes neues Jahr anstößt.
Einmal die Flucht von Friedrich Wilhelm Schulz in der Silvesternacht 1834/35 und die Geschichte von Christian Adalbert Kupferberg, der vielleicht im Babenhäuser Schloss auf seine neue und erfolgreiche Geschäftsidee kam.               hz

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