Verein der Schlossfreunde „Das Schloss war schon immer eine Baustelle“

Mit so vielen Zuhörern hatten die Veranstalter nicht gerechnet: etwa 130 Babenhäuser fanden den Weg in die Stadthalle, um über bautechnische Notwendigkeiten und statische Herausforderungen beim Umbau des Baudenkmals zu einem Hotel informiert zu werden.

Der Kleine Saal in der Stadthalle war fast zu klein für das große Interesse, das die Einwohner von Babenhausen am Baufortschritt in „ihrem“ Schloss hatten. Trotz strahlendem Feierabendwetter fanden sich gut 130 Bürger ein, die gespannt den Neuigkeiten lauschten, die Klaus Mohrhardt und Manfred Lautenschläger vom Verein der Schlossfreunde zu berichten hatten. Anhand zahlreicher Bilder, die mittels Beamer von Christoph Kleinert auf die Leinwand projiziert wurden, erläuterte Mohrhardt sachkundig und mit liebevollen Details gespickt, was sich im Schloss in den vergangenen Jahren getan hatte.

Auch wenn es immer wieder Stimmen in der Bevölkerung gibt, die ungeduldig und skeptisch nachfragen, wurde im Laufe des Vortrages doch deutlich, dass es ein Unterfangen mit ungeahnten Hindernissen ist, diesen „besonders herausragenden Schlossbau“, der zu den bedeutendsten Profanbauten des Hochmittelalters gehört, in ein Hotel umzuwandeln.
Das Eröffnungsbild zeigte ein Gemälde des Schlosses, wie es etwa um 1620 von Wassergräben umgeben an die Stadt Babenhausen angebunden war. Bei Ausgrabungen für den Andienungstunnel an der südwestlichen Bastion stießen die Bauarbeiter auf eine bis dahin unbekannte Mauer, die bei genaueren Nachforschungen die Erkenntnis brachte, dass es wohl eine dritte Festungsmauer gegeben haben musste und somit das Bild von 1620 nicht ganz dem eigentlichen Zustand der Festung entsprach. In enger Zusammenarbeit mit der Denkmalschutzbehörde wurden alle Funde genauestens dokumentiert, gezeichnet und fotografiert. Mohrhardt lobte immer wieder die Geduld des Bauherrn „Alpha Consulting“, der natürlich auch für die unerwarteten Mehrkosten bei solchen Überraschungen aufkommen müsse. Die Baupläne werden mit viel Fingerspitzengefühl für die historische Bausubstanz umgesetzt, wie sich zum Beispiel auch an der Ostseite zeigt, von der das Hotel später betreten werden soll. Die Übergänge vom gläsernen Aufzugsturm in das Schlossgebäude werden über eine existierende Fensterfront verwirklicht, die zu Türen umfunktioniert werden. Auch werde die Eingangshalle und die Übergänge selbst gläsern gestaltet, um so einen unverbauten Blick auf die historische Fassade zu gewährleisten. Die existierenden Treppen im Gebäudeinneren bleiben als notwendige Fluchttreppen erhalten, die Andienung der Zimmer mit Gepäck erfolgt ausnahmslos über den Aufzugsturm.
Mittels Vergleichsbildern demonstrierte der zweite Vorsitzende der „Schlossfreunde“, welche Fortschritte es bereits zu verzeichnen gebe: so seien auf der Nord-Ost-Ecke des Schlosses 2005 die Gefache in den oberen Etagen verschiefert gewesen und der veraltete Putz stark bröckelnd. Mittlerweile (und beim Wechsel zu einem aktuellen Foto geht ein staunendes „Aah“ durch den Saal) sieht man ein fachgerecht restauriertes Fachwerk im oberen Bereich und neu angelegte Putzflächen darunter.
Die Fenster waren ausgebaut, sorgfältig restauriert und mit Isolierglas versehen wieder eingebaut worden. Auch der Innenhof erstrahlt mittlerweile in neuem Glanz: früher zugewuchert und mit marodem Fachwerk, sind heute die Wände frisch angelegt und auch hier die Fenster runderneuert und auf Hotelstandard gebracht.
An der südöstlichen Ecke (zur Volksbank hin) befand sich früher die Schlossküche mit gestampftem Lehmboden, wo in Zukunft das Hotelfoyer entstehen soll. Mohrhardt zeigt auf aktuellen Bauplänen diverse Zubauten, die nötig wurden, um den Hotelbetrieb aufzunehmen. Der gläserne Aufzugsturm entsteht an der Stelle, wo laut alten Aufzeichnungen früher ein Silberkammerturm positioniert war. Kellerräume wurden sowohl vor als auch im Gebäude angelegt, der gesamte Spa-Bereich, aber auch die Technik-, Wirtschafts- und Personalräume werden außerhalb und unterirdisch verwirklicht, um im Schloss Platz für immerhin 45 Hotelzimmer zum Übernachten zu finden.
Das Schlossrestaurant wird im Keller unter der Säulenhalle geplant und geht im rechten Winkel von der West- zur Nordseite über. Viele Vorschriften müssten befolgt werden, so sei nur das Lüftungsthema zu erwähnen, da Restaurant, Spa- und auch Arbeitsräume unterirdisch seien. Der Durchbruch des Zwingerfundaments müsse erst noch erfolgen, da die Funde der zusätzlichen Mauer natürlich sehr viel Zeit kosteten. Bilder dokumentierten auch den besonderen Aufwand, den der Bauherr betreiben musste, um im denkmalgeschützten Gebäude zwei Aufzugsschächte zu errichten. Die historische Konstruktion müsse weitestgehend erhalten bleiben, darauf bestünden die Denkmalbehörden. Die teilweise 4-5 Meter hohen Räume des damaligen Repräsentationsbaus eines Grafen erlauben jedoch, diverse Träger als Unterzüge hinter einer abgehängten Decke zu verstecken und immer noch für ein Hotel sehr üppige Raumhöhen zu behalten. Jeder Träger wurde vor dem Einbau von Dr. Reck von der Denkmalbehörde abgesegnet, alles wurde gezeichnet und fotodokumentarisch festgehalten. Die Schlossfreunde stellen in Aussicht, dass in Zusammenarbeit mit dem Heimat- und Geschichtsverein ein Buch über den Umbau des Schlosses erscheinen soll. Nachdem auch die vertikalen Abstützungen errichtet sind, werden aktuell die Aufzugsschachtwände Etage für Etage hochgezogen.
Dass auch früher schon über längere Zeiträume gebaut wurde, zeigen die vier Bastionstürme, die Mohrhardt als „4 ungleiche Brüder“ bezeichnet. Etliche Umbaudetails und Erkenntnisse über verschiedene Nutzungen und Epochen kamen bei den Ausgrabungsarbeiten zutage. Die Zwingermauer und die Turmstümpfe waren früher nicht erkennbar unter der Erde begraben. Mohrhardt zeigte anhand einer von ihm angefertigten technischen Skizze die Gründungsweise der damaligen Befestigungsmauern: auf einer leiterartigen Balkenlage wurden die Mauern errichtet. Über unterirdische Gänge, die eine Gewölbedecke besaßen, waren alle vier zuerst frei außerhalb des Schlosses stehenden Türme mit dem Schloss verbunden.
Mohrhardt ging auch auf die Ursprünge der Immobilie mit immerhin 840 Jahren Baugeschichte ein: mit einem rechteckigen Wohnturm begann 1176 die lange und spannende Geschichte. Dieser Bergfried hatte bis etwa 1730 Bestand, als er schließlich abgerissen wurde, um mehr Licht in die Räume vom Innenhof her zu bringen. Interessant ist, dass für diesen Bergfried statt der damals üblichen Feldsteine Backsteine verwendet wurden, da man sich erfahrene Bauarbeiter aus Italien geholt hatte. Die mächtige Bodenplatte, die gefunden wurde, als der Innenhof um gut 40 Zentimeter tiefer gelegt wurde, ist weit größer als bisher angenommen wurde und bis dato durch Basaltpflaster im Innenhof markiert war. Durch die Tieferlegung kam auch das von den Münzenbergern angelegte Originalpflaster ans Tageslicht. Der historische Hirschbrunnen in der Schlossmauer hätte dieses Jahr sein 300-jähriges Jubiläum, aber für ein Schlossbrunnenfest hat die Zeit leider nicht gereicht, denn noch seien die Umbauarbeiten zu umfangreich, um Publikumsverkehr zu erlauben, bedauerte Mohrhardt.
Zum Schluss appellierte er an das begeisterte Publikum, doch noch etwas Geduld zu haben, bis aus dem Baudenkmal ein repräsentatives Hotel werde, das der Stadt Babenhausen sicher gut zu Gesicht stehe. Der Besitzer und Bauherr gehe jedenfalls sehr verantwortungsvoll mit der Materie um. Die neu entdeckte Zwingermauer würde in Zukunft an der West- und Nordseite zu sehen sein, da sie an dieser Stelle als Begrenzung des dort geplanten Biergartens dienen werde, schloss er seinen Vortrag, der mit viel Applaus belohnt wurde.      Kb

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