„Wir fanden die Idee originell, uns als Rentner zu verkleiden und einen Showtanz mit Rollatoren aufzuführen“, erzählt Harald Weidler, der seit Jahren die Veranstaltung für die über 65-jährigen Harreshäuser mit organisiert. „Ob die Senioren, die die Gehhilfen ja tatsächlich brauchen, unseren Auftritt aber auch humorvoll aufnehmen, wussten wir im Vorfeld nicht.“ Als die Gruppe zu Udo Jürgens´ Schlager „Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an“ durch die Harreshäuser Mehrzweckhalle tänzelt, wird schnell klar: Die Sorge war unbegründet. Die Gäste wollen den witzigen Auftritt noch einmal sehen, und die „Sparmaßnahmen“ erfüllen ihren Wunsch gern.
Dass der Rollatortanz und die weiteren Auftritte aus der Not heraus entstanden sind, merkt man dem vergnüglichen Programm nicht an. „Es hat einen Grund, warum die Gruppe sich Sparmaßnahme nennt“, erklärt Heidrun Koch-Vollbracht, Ortsvorsteherin von Harreshausen und Vorsitzende des Vereins „Middedrin“, der erstmals die Ausrichtung des Seniorennachmittags übernommen hat.
Da die Stadt Babenhausen keinen beschlossenen und genehmigten Haushalt hat, kann sie keine Ausgaben tätigen, die über die Pflichtaufgaben hinausgehen. Für die Dauer der vorläufigen Haushaltsführung, mussten die freiwilligen Leistungen deshalb gekürzt oder gestrichen werden. Auch die Seniorennachmittage zählen dazu. Standen dem Ortsbeirat bislang 1500 Euro für die Ausrichtung des Seniorennachmittags in Harreshausen zur Verfügung, gab es in diesem Jahr keine Mittel aus dem städtischen Haushalt.
So beschloss der Verein Middedrin, die Organisation der bei den Harreshäuser Senioren beliebten Veranstaltung zu übernehmen. „Wir haben dafür zwar den Hut aufgesetzt. Doch es war klar, dass wir die Ausrichtung nicht allein bewältigen können“, sagt Heidrun Koch-Vollbracht. Schnell hätten sich aber Vereine, Institutionen und private Gruppen gefunden, die das Vorhaben unterstützten. Der Gesangverein Sängerlust übernahm den musikalischen Teil, Uwe Friedrich erzählte das Märchen von Rotkäppchen in hessischer Mundart, etliche Harreshäuser Hausfrauen belieferten die Veranstaltung mit selbstgebackenen Kuchen.
„Besonders gefreut hat uns die Unterstützung durch das Seniorenzentrum Bethesda“, sagt die Ortsvorsteherin. Neben einer Geldspende habe Bethesda auch die Verköstigung der Gäste mit einem warmen Abendessen übernommen. Nach dem beliebten Bingo-Spiel überbrachte Pastor Christoph Habek von der Emmausgemeinde geistliche Impulse. So sei der Seniorennachmittag ein Gemeinschaftsprojekt vieler ortsansässiger Akteure geworden.
Dass etwa 30 Gäste weniger kamen als in den Vorjahren, führt Koch-Vollbracht auf die Form der Einladungen zurück. „Wir konnten nur über Pressemitteilungen, Plakate und Flyer auf den Seniorennachmittag aufmerksam machen. Persönliche Einladungen per Brief zu verschicken, wäre zum einen zu teuer geworden, zum anderen haben wir als Verein aus Datenschutzgründen keinen Zugriff auf die Adressen.“
Ob nun auf Einladung der Stadt oder unter Federführung des Vereins Middedrin - die Ortsvorsteherin ist zuversichtlich, dass es auch im nächsten Jahr einen Seniorennachmittag geben wird. Zumal die Gäste am Ende des Nachmittags auf eine Zugabe bestehen. mel
Kommentare