Babenhausen: Stolpersteine mahnen zu Respekt, Achtung und Wertschätzung

Nach Sickenhofen und Langstadt wurden nun auch in der Babenhäuser Kernstadt Stolpersteine verlegt. Sie erinnern an jüdische Mitbürger, die in der NS-Zeit umkamen oder emigrieren mussten. Im Erdgeschoss der Hausnummer 80 in der Babenhäuser Fahrstraße ist heute eine Bäckereifiliale untergebracht. Die Wohnungen in der ersten Etage sind bewohnt, das Tor der Hofeinfahrt steht nicht selten offen. Ein ganz normales Haus also, bei dem bislang nichts an die Menschen erinnerte, die hier Anfang des 20. Jahrhunderts bis 1942 lebten.

Das ist nun anders. Fünf messingfarbene Pflastersteine erinnern nun an die jüdische Familie Kahn, die das Haus einst bewohnte. Die Stolpersteine verlegte Gunter Demnig im Beisein von etwa 30 Babenhäusern, Gästen aus Lorsch sowie den Schülern der Religionsklasse von Ruth Selzer-Breuninger. Die Schülerinnen Nina Goschier und Nina Heisack (beide 15) gaben der Stolpersteinverlegung den würdigen Rahmen, trugen während der Aktion das Gedicht „Erinnern - warum?“ vor und legten, als die Steine im Pflaster des Bürgersteigs eingebettet waren, weiße Rosen nieder.
„Karl und Paula waren die Eltern von Suse, Liesel und Miriam“, weiß Nina Groschier, die sich wie alle 14 Jungs und Mädchen ihrer Religionsklasse intensiv mit dem jüdischen Leben in Babenhausen auseinandergesetzt hat. Zur Familie Kahn gehörte eine vierte Tochter - Ruth-Karola -, die aber schon 1939 in ihre Geburtsstadt Lorsch zurückkehrte und so der Deportation entging. Über den Verbleib ihrer Eltern und Schwestern gibt es keine Gewissheit, weshalb auf die Stolpersteine „Schicksal unbekannt“ graviert worden ist.
Aus der Geschichte ergebe sich für die folgenden Generationen die Verpflichtung, die Gegenwart genau zu beobachten und die Zukunft so zu gestalten, dass sich die Gräuel nicht wiederholten, sagte Bürgermeister Achim Knoke. „Dazu brauchen wir ein Menschenbild, das von gegenseitigem Respekt, Achtung und Wertschätzung geprägt ist. Die Stolpersteine sind bleibende Erinnerungsstücke, die uns bewusst machen, was geschah und zeigen, dass wir gewillt sind, den Ereignissen und Ideologien jener Zeit keinen Boden mehr zu bereiten.“
Ortsvorsteher Walter Herbert fügte an: „Die Stolpersteine hier in der belebten Straße machen uns im Alltag auf die Vergangenheit aufmerksam. Die jüdischen Familien sind so wieder mitten unter uns.“
Vor drei weiteren Gebäuden in der Fahrstraße wurden Stolpersteine in Erinnerung an Kallmann und Gudel Idstein sowie an Hermann Götz, Jenny und Rosa-Betty Kahn verlegt. An die Familien Fuld und Seewald sowie Treidchen Manheimer erinnern weitere Steine in der Kernstadt. Für die jüngste Stolpersteinverlegung spendeten Babenhäuser Geschäfts- und Privatleute 2.800 Euro.   mel

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