Von der Kloster- zur Kulturkirche

Vor 700 Jahren wurde die evangelische Kirche in Ueberau erstmals urkundlich erwähnt

Die Kirche in Ueberau ist eine der ältesten Kirchen im Evangelischen Dekanat Vorderer Odenwald. Vor 700 Jahren wurde sie erstmals urkundlich erwähnt. (Foto: Tim Besserer/ Ev. Kirchengemeinde Ueberau)

Die Kirche in Ueberau ist eine der ältesten Kirchen im Evangelischen Dekanat Vorderer Odenwald. Die Kirchengemeinde will das Jubiläum groß feiern und hat ein ansprechendes Programm auf die Beine gestellt. Die früheste bekannte urkundliche Erwähnung der Kirche stammt vom 23. Dezember 1316, als Ritter Heilmann von Düdelsheim „den Hof zu dem Dorfe Oberahe (Ueberau), da die Kirche inne stet“ mit den zugehörigen Liegenschaften von Werner, Herr zu Lißberg, ankauft und Ritter Werner von Reinheim für dessen Frau Gisela überlässt. Damals war die Kirche, die vermutlich ursprünglich zu einem klösterlichen Gutshof gehörte, rund 100 Jahre alt. Sie ist eine der ältesten Kirchen im Dekanat Vorderer Odenwald und das höchste Gebäude mitten im Dorf.

Pfarrerin Meike Obermann mag die Klarheit und Einfachheit der Kirche, ihre leichte und lichte Atmosphäre selbst an trüben Tagen. Man spüre etwas von der Geschichte und habe das Gefühl, dass die Steine lebendig seien. „Für mich hat diese Kirche eine besondere Ausstrahlung, sie ist ein spiritueller Ort, an dem Menschen zu sich selbst kommen und Erfahrungen mit Gott machen können.“
In den vergangenen Jahren hat sich die Kirche mehr und mehr zu Kulturkirche gewandelt – mit Kabarett und Dichterlesungen, Konzerten und einer Musical-Aufführung. Die Reihe „Freitagabendandachten“ mit unterschiedlichen Themen und Gästen im Winterhalbjahr hat sich etabliert. Nach der großen Kirchensanierung von 2010 bis 2012, bei der das Bodenniveau des Chorraumes dem des Kirchenschiffs angeglichen wurde, um Gehbehinderten eine barrierefreie Teilnahme am Abendmahl zu ermöglichen, entschied der Kirchenvorstand den bisherigen Altar durch einen mobilen Altar zu ersetzen. Seither gestalten kreative, künstlerisch und handwerklich begabte Menschen aus Ueberau und der Region wechselnde Altarmodelle für die Kirche.
„Für mich gilt unser Motto: Ueberau – mein Dorf, meine Kirche“, sagt der langjährige Kirchenvorstandsvorsitzende Herbert Plöger, der die Sanierung der Kirche mit viel Herzblut begleitet hat. Umgekehrt bedeutet das: „Ohne Kirche wäre Ueberau langweilig.“ Sie sei Schwerpunkt für das geistliche und kulturelle Leben, so Plöger. Die Verbundenheit im Dorf ist groß. Als das Vereinsheim saniert wurde, habe der Chor der SG Ueberau seine Proben in der Kirche abgehalten, berichtet Plöger, das Bücherschrank-Team habe schon Lesungen im Gemeindehaus organisiert.

Festprogramm würdigt Kirche und Dorf-Gemeinschaft

Derzeit plant ein siebenköpfiges Projektteam – Ulrike Weiß, Gudrun Körber, Elke Haaß und Christiane Schäfer aus dem Kirchenvorstand sowie Prädikant Hansjoachim Rupp, Sabine Waldhaus und Tim Besserer, der einen künstlerischen Blick mitbringt – gemeinsam mit Pfarrerin Meike Obermann das Jubiläum. „Wir wollen die Gemeinschaft, das Miteinander als Kirche im Dorf feiern und würdigen, dass wir eine solch schöne und historische Kirche im Dorf haben“, sagt die Pfarrerin.
Auftakt für die Feierlichkeiten ist am Freitag 3. Juni, 20 Uhr. Unter dem Motto „Den Frieden leuchten lassen“ gibt es in der Kirche ein Friedensmahl. 700 Lichter sollen dann beim Lichterfest für den Frieden in der Welt unter anderem mit Friedenspfarrerin Sabine Müller-Langsdorf und Christina Schalle entlang der Dorfstraße leuchten.
Am Samstag, 25. Juni, 17 Uhr, gibt der Darmstädter Chor Zeitlos das Konzert „Klangvolle Augenblicke“.
Der Höhepunkt der Feierlichkeiten ist am Kirchweihwochenende: Am Samstag, 3. September, gibt der Groß-Umstädter Gospelchor unter der Leitung von Stefan Mann um 19 Uhr ein Konzert. Für den Gottesdienst am Sonntag, 4. September, 10 Uhr, hat die Kirchengemeinde Dr. Ulf Häbel als Gastprediger gewonnen. Häbel ist Pfarrer und Landwirt und spricht über die „Zukunft der Kirche im Dorf“. Ab 14 und bis etwa 17 Uhr heißt es dann in der Kirche „Die junge Gemeinde feiern“. Beim Nachmittag für Kinder und ihre Familien und Freunde stehen Kirchenerkundung, Musik und Bewegung unter anderem mit Andreas Stein von der Musikschule auf dem Programm.
Am Freitag, 23. September, ab 18 Uhr, ist die Nacht der offenen Kirche in Kooperation mit dem CVJM. Zu sehen sind Fotos aus dem Projekt „Wir Ueberauer“ von Uli Frey und Tim Besserer, es gibt Zeitzeugeninterviews und anderes mehr. Die Moderation hat Annette Claar-Kreh, Referentin für Gesellschaftliche Verantwortung im Dekanat Vorderer Odenwald.
Am Sonntag, 25. September, 10 Uhr, wird ein Kantatengottesdienst mit dem Bachensemble Darmstadt „Gott soll allein im Herzen sein“ (BWV 169) gefeiert.
„Alles ist eins“ heißt es zum Abschluss der 700-Jahr-Feier am Freitag, 25. November, um 20 Uhr. Tim Besserer beleuchtet in seiner Klang-Bild-Komposition das Verbindende verschiedener spiritueller Traditionen und lädt zur Stille ein.

Der Eintritt ist bei allen Veranstaltungen frei. Die Kirchengemeinde freut sich über Spenden.

 

 

 

Zeittafel

23. Dezember 1316

Erste bekannte urkundlicher Erwähnung der Ueberauer Kirche

15. Jh.

Die 3/8-Apsis wird angebaut und das Langhaus wir durch den derzeitigen Bau ersetzt

1527

Die Reformation wird in der Obergrafschaft Katzenelnbogen eingeführt; Ueberau wird evangelisch

1819

Ueberau wird selbständige Pfarrei

1882

Die Ueberauer Kirche muss wegen Baufälligkeit geschlossen werden

1883 bis 1884

Die Kirche wird saniert und neogotisch ausgestattet, der Kirchturm wird um 2,5 Meter aufgestockt

1939

Kirchenrenovierung mit Verlegung der Orgel und Einbau der Flachdecke im Langhaus

1953

Der Taufstein im nördlichen Seitenchor wird aufgestellt

1962 bis 1966

Umfangreiche Kirchenrenovierung mit Freilegung der Fresken im Chorraum, Einbau einer neuen Orgel, Anbau der Sakristei mit darunterliegendem Heizungskeller

2010 bis 2012

Grundlegende Sanierung der Kirche mit Rückführung der Deckenkonstruktion des Langhauses auf den historischen Bauzustand von 1883/1884, Öffnung der zugemauerten Bögen auf der Südseite, Ersatz der Sakristei durch den neu erbauten südlichen Seitenchor

 

(S.Rummel)

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