Kirchen-Kabarett-Festival: „Kuh ohne Deuter“ auch ohne „fortlaufenden Erfolg“

Das Duo Clajo Herrmann und Hans-Joachim Greifenstein, als „Erstes Allgemeines Babenhäuser Pfarrerkabarett“, eröffneten die Jubiläumsveranstaltung. Das Babenhäuser Kirchen-Kabarett-Festival wurde vor zehn Jahren aus der Taufe gehoben und entwickelte sich zu einem Dauerbrenner.

Es begann vor 20 Jahren in kleiner Runde und entwickelte sich zu einem professionellen Festival des Kabaretts und der Satire. Die Rede ist vom „Kirchen-Kabarett-Festival“, das am vergangenen Wochenende den ersten runden Geburtstag feierte.

Zum zehnten Mal richtete die evangelische Kirche Babenhausen ihre Einladung an alle Freunde von scharfsinnigen und scharfzüngigen, von heiteren und hintersinnigen, von geistreichen und geistlichen Beiträgen. Im Jahr 2000, als das Kirchen-Kabarett-Festival Premiere feierte, füllten die Besucher noch den Saal im Erasmus-Alberus-Gemeindehaus. Die zehnte Auflage brachte an drei Abenden insgesamt etwa 1.000 Gäste in der Babenhäuser Stadthalle zum Schmunzeln, Lachen und Nachdenken.
Den Auftakt machten das Duo Clajo Herrmann und Hans-Joachim Greifenstein als „Erstes Allgemeines Babenhäuser Pfarrerkabarett“. Hans-Joachim Greifenstein hatte für die Jubiläumsveranstaltung die Schirmherrschaft übernommen und betonte, dass er voll Dankbarkeit für die Menschen, die mit ihm in Babenhausen gewirkt hatten auf seine Zeit als Pfarrer in der Kirchengemeinde Babenhausen-Harreshausen zurückblicke. Die Idee, ein Kirchen-Kabarett zu veranstalten, hatten die beiden Pfarrer beim Kirchentag 1999. Damals wurde in Stuttgart zur Unterhaltung der Gäste ein kleines Comedy-Programm mit kirchlichen Themen aufgeführt. Herrmann und Greifenstein, die beide bereits das Kabarett für sich entdeckt hatten, initiierten mit Helga Heintzenberg und Hanne Marschall einen humoristischen Abend im Erasmus-Alberus-Haus. Nun brachte das Erste Allgemeine Babenhäuser Pfarrerkabarett sein neuestes Programm „Kuh ohne Deuter“ auf die Bühne der ausverkauften Stadthalle. Der Programmtitel bezieht sich auf jene Stelle im Alten Testament, in der ein Traumdeuter in sieben mageren und sieben fetten Kühen ein Symbol für sieben magere und sieben fette Jahre sieht. Im Programm wechselten sich gemeinsame Auftritte und Solo-Passagen ab. Typisch für die Kabarettprogramme der beiden Ex-Pfarrer sind die kleinen Streitgespräche, in denen sie darüber sinnieren, warum Menschen die Kirche verlassen und welche Bedeutung der Glaube in modernen Zeiten noch hat. „Im Lutherjahr 2017 haben wir das Land quasi zugeluthert und bekamen im Internet mehr Klicks als der Vatikan“, bemerkte Hans-Joachim Greifenstein. Doch nun liefen die Gläubigen wieder davon. „Wir haben also einen fortlaufenden Erfolg“, sagte Clajo Herrmann. Die Menschen finden nicht nur den Weg in die Kirche nicht mehr, sondern sie gehen überhaupt nicht mehr aus dem Haus, so seine These. Kein Wunder – liefere doch Amazon inzwischen auch schon Kopfschmerzen und Mundgeruch nach Hause. Dass sich in einer globalisierten Welt auch die vertrauten Dinge änderten und einem gnadenlosen Wettbewerb unterworfen würden, merke man auch an Speisekarten in traditionsreichen Sachsenhäuser Gaststätten. „Dort bekommt man nicht mehr Handkäs´ mit Musik, sondern Handkäs´ an Musik. Das klingt nicht nur besser, es ist auch dreimal so teuer.“ Religion finde immer weniger in Kirchen statt, dafür immer häufiger an der Börse, sagte Herrmann. „Die Hohepriester der Wirtschaft predigen heute für die Aktionäre. Wenn Bomben fallen, steigen die Aktienkurse.“ Neben dem kritischen Blick auf die weltweite Entwicklung richteten die Kabarettisten ihr Augenmerk aber auch auf die Widrigkeiten des Alltags. Eine große Rolle spielte bei beiden das Älterwerden. „Neulich am Stammtisch fragt mich einer, ob ich mir vorstellen könnte, mit 63 nochmal Vater zu werden. Warum nicht – ich muss inzwischen sowieso jede Nacht viermal raus“, erzählte Clajo Herrmann, der mit einer jüngeren Kindergartenpädagogin liiert ist. Diese behaupte, je älter er werde, desto mehr greife bei ihm die Kleinkindpädagogik. Dem fulminanten Auftakt folgten am Samstagabend Detlev Schönauer mit seinem kirchenkritischen Solo-Kabarett „Neues aus Jacque´s Kirchenbistro“ und Ulrike Böhmer als Erna Schabiewsky, die rundheraus sagte, was sie über Männer im Allgemeinen, über Männer als Pfarrer, die Kirche und deren Gemeinde denkt. Das Highlight des Jubiläumsfestivals markierte auch den Abschluss der dreitägigen Veranstaltung. Urban Priol, der zuletzt bei den Anfängen des Kirchen-Kabarett-Festivals in Babenhausen auftrat, war nun anlässlich des zehnten Geburtstags erneut in die Gersprenzstadt gekommen. Der Meister des satirischen Jahresrückblicks begeisterte sein Publikum mit einem witzigen, hintersinnigen und aktuellen Kabarett, das dem Anlass alle Ehre machte.      mel

 

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