Zu Fuß zur Schule in Hergershausen: Strafzettel für das Elterntaxi

Axel Ziehmer brachte seinen Sohn Malte ausnahmsweise morgens mit dem Auto zur Bachwiesenschule. Von den Viertklässlern ließ er sich über die Aktion „Zu Fuß zur Schule“ informieren.

Montagmorgen, 7.30 Uhr. Während die Erwachsenen, die vor dem Eingang der Bachwiesenschule in Hergershausen stehen, noch etwas müde wirken, sind Kristjan, Felix, Leni und die anderen Kinder hellwach. An ihren gelben Warnwesten erkennt man schon von weitem, dass die Kinder in einer wichtigen Mission unterwegs sind.

„Wir verteilen heute Strafzettel“, erklärt die neunjährige Leni und wirft einen prüfenden Blick auf die etwa taschenbuchgroßen Karten in ihrer Hand. Die Drittklässler haben die Karten geschrieben, Leni und die anderen Kinder der vierten Grundschulklasse sehen die „Strafzettel“ an diesem Morgen zum ersten Mal. „Lassen Sie ihr Kind zu Fuß zur Schule gehen, denn Bewegung an der frischen Luft ist gesund“, steht auf einem Zettel. Auf einem anderen heißt es: „Fahren Sie Ihr Kind nicht mit dem Auto zur Schule, denn wenn das alle Eltern tun, gibt es einen Stau“.
140 Kinder besuchen die Grundschule im Babenhäuser Stadtteil Hergershausen. Würden die Eltern aller Schüler morgens Mama- oder Papa-Taxi spielen, gäbe es vor der Grundschule sicher lange Staus und so manche gefährliche Situation. „Vor unserer Schule gab es bislang keine brenzligen Begegnungen von Autos und Schulkindern“, sagt Lehrerin Beate Klotz-Reichel.
Die Bachwiesenschule nimmt zum dritten Mal an der bundesweiten Aktion „Zu Fuß zur Schule“ teil. Alle zwei Jahre informieren die Schüler eine Woche lang Eltern darüber, warum es besser ist, ihre Kinder nicht mit dem Auto zum Unterricht zu bringen. „Im Vorfeld der Aktion haben die Klassen einen Baum gebastelt. Jedes Kind, das zu Fuß, mit Fahrrad oder Bus zur Schule gekommen ist, erhält ein grünes Blatt, das an den Baum geheftet wird“, erzählt Klotz-Reichel.
Die Kinder aus Hergershausen kämen meist zu Fuß mit ihren Eltern oder in kleinen Schülergruppen. Die Kinder, die im Nachbarstadtteil Sickenhofen wohnen, würden häufiger mit dem Auto zur Schule gebracht. „Ab der dritten Klasse kommen die meisten Kinder mit dem Schulbus. Die jüngeren Kinder werden oft von ihren Eltern gefahren.“ Eines der ersten Autos, das einen Strafzettel erhält, kommt tatsächlich aus Sickenhofen. Immerhin hat die Mutter einer Zweitklässlerin noch ein Nachbarkind mitgenommen.
Kristjan, Felix und Leni klären die überraschte Mama auf. Bewegung sei für Schüler wichtig und gesund. Wer morgens schon ein paar Minuten an der frischen Luft gelaufen sei, könne sich später im Unterricht besser konzentrieren, erklärt Kristjan. „Außerdem ist es besser für die Umwelt, wenn man nicht mit dem Auto fährt“, ergänzt Leni.
An diesem Morgen sprechen sie mit 14 Müttern und Vätern, die ihre Kinder mit dem Auto zur Bachwiesenschule bringen. Unter ihnen Axel Ziehmer. Während Sohn Malte (8) seinen Ranzen aus dem Kofferraum holt, erklärt Ziehmer, dass die Fahrt mit dem Auto eine Ausnahme ist. „Die ganze Familie hat heute Morgen verschlafen. Malte hätte es nicht mehr zum Bus geschafft, mit dem er sonst immer fährt.“ Kristjan und Felix akzeptieren die Erklärung, eine Karte mit Tipps für den optimalen Schulweg gibt es trotzdem.
Britta Brügmann und Bernd Glassen haben sich bereit erklärt, an diesem Morgen die Kinder zu beaufsichtigen. Viel zu tun haben sie nicht, denn die Viertklässler bewegen sich im Straßenverkehr sicher. „Unser jüngster Sohn geht auch in die Bachwiesenschule“, erzählt Glassen und betont das „gehen“. Der ältere Sohn besucht eine weiterführende Schule in der Kernstadt. „Er fährt mit dem Longboard zum Bahnhof, dann mit dem Zug nach Babenhausen. Das Auto brauchen wir für die Schulwege nicht“, sagt Glassen.  mel
Mehr Informationen: www.zu-fuss-zur-schule.de

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