„Sie machen das Leben in dieser Region lebenswert“

Evangelisches Dekanat Vorderer Odenwald verleiht bei seinem Jahresempfang den Engagement-Preis „Farbe bekennen“ an Brigitte Kitschke und „Fischbachtal kreativ“

Dekan Joachim Meyer, Preisträgerin Brigitte Kitschke aus Brensbach, Werner Bert für die Initiative „Fischbachtal kreativ“ und Präses Dr. Michael Vollmer (von links).

„In Gottes Namen bekennen wir Farbe“: Der Leitsatz des Evangelischen Dekanats Vorderer Odenwald zeigt sich an diesem Abend allerorten. Die Blumendekoration ist bunt, die Servietten sind es auch, die Sektsorten haben unterschiedliche Farben, Strahler tauchen die Wände des Pfälzer Schlosses in Groß-Umstadt in Orange, Rot und Lila und selbst die Stehtische werden farbig beleuchtet.

„Farbe bekennen“: So heißt der Engagement-Preis des Dekanats, er will Menschen ermutigen, Stellung zu beziehen in Zeiten eines zunehmend um sich greifenden Populismus.
Der Donnerstagabend (17. Mai) war eine doppelte Premiere: Erstmals hat das Evangelische Dekanat Vorderer Odenwald den mit 1500 Euro dotierten Engagement-Preis „Farbe bekennen“ verliehen, den würdigen Rahmen gab der – ebenfalls erstmals ausgerichtete – Jahresempfang.
 

„Dieser Abend ist Ihr Abend!“

16 Menschen, die Haltung zeigten und Farbe bekennen, seien vorgeschlagen worden, freute  sich Präses Dr. Michael Vollmer in seiner Begrüßung, bevor der Schauspieler Walter Renneisen ein „Simmelsammelsurium zu Farbe und Engagement“ zum Besten gab – Heiteres und Nachdenkliches, Derbes und Mundartliches. „Dieser Abend ist Ihr Abend!“ leitete Dekan Joachim Meyer zur Preisverleihung über. „Wir haben ihn gerne vorbereitet, um Ihnen für Ihren Mut und Ihr Engagement zu danken, Sie machen das Leben in dieser Region lebenswert.“
Die Vorgeschlagenen – sie setzen sich für Flüchtlinge ein, für ihre Nachbarn, für ihre Dörfer, für Kultur – waren eingeladenen, ebenso diejenigen, die sie vorgeschlagenen haben, aber auch Menschen aus Politik, Gesellschaft und Kirche sowie diejenigen, die sich für die kostenlosen Eintrittskarten angemeldet hatten. In einer am Flügel von David Margaryan begleiteten Präsentation wurden alle Vorgeschlagenen noch einmal vorgestellt – mit Name, Wohnort, Foto, Pate und Art des Engagements.

Zwei große Umschläge mit den Namen

Wer den Preis erhält, darüber hatte die Jury – bestehend aus  Pröpstin Karin Held, Frank Matiaske, Landrat des Odenwaldkreises, Rosemarie Lück, Kreisbeigeordnete und Sozialdezernentin des Kreises Darmstadt-Dieburg, Thomas Bach, Leiter der Redaktion Darmstadt-Dieburg beim „Darmstädter Echo“, Annemarie Knichel vom Runden Tisch für internationale Verständigung Reichelsheim und Edda Haack, Leiterin des Diakonischen Werks Darmstadt-Dieburg – bereits im März entschieden. „Es war uns eine Freude“, sagte Karin Held als Jury-Vorsitzende. Die Entscheidung indes sei schwierig gewesen. Sie hätten die Vorschläge gelesen, sich darüber gefreut, sie nochmal gelesen und diskutiert, dann hätten sie sich über die Kriterien verständigt. Wie lange ist jemand engagiert? Wer ist beteiligt? Wie spiegelt sich der Leitsatz „In Gottes Namen bekennen wir Farbe“ im Engagement wider? Die Wahl fiel schließlich auf zwei Preisträger, deren Namen Karin Held stilecht aus einem großen Umschlag zog: Brigitte Kitschke aus Brensbach und die Initiative „Fischbachtal kreativ“. Sie beide erhalten jeweils 750 Euro Preisgeld und eine große von der Raibacher Glaskünstlerin Heike Jäger gefertigte Stele. Alle Vorgeschlagenen und die Jury erhielten als Dankeschön für ihr Tun kleine Stelen.

Einsatz für Kinder und Jugendliche

Brigitte Kitschke (72) engagiere sich seit 25 Jahren beim „Runden Tisch für internationale Verständigung“, sagte Dekan Meyer in seiner Laudatio. Sie habe Flüchtlinge begleitet, betreue türkischstämmige Kinder und Jugendliche, sie habe sich darum bemüht, dass Kinder nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl zur Erholung in Gastfamilien ins Gersprenztal kommen konnten, sie helfe bei Behördengängen und bürokratischen Problemen. „Ich bewundere an Frau Kitschke am meisten ihre Ruhe und ihre Geduld“, zitierte Joachim Meyer eine der Preisträgerin nahestehende Person. „Es ist ihr wichtig, dass keines der Kinder verloren geht.“
„Die Welt ein Stückchen besser machen“, sei das Leitwort der lokalen, auf zehn Jahre angelegten Initiative für eine nachhaltigere Entwicklung, sagte Präses Vollmer in seiner Laudatio auf „Fischbachtal kreativ“. 2013 stellten Achim Krell, Doris Maurer, Werner Bert, Ullrich Krost und Stephan Kühn die Initiative der Öffentlichkeit vor. Seitdem beleuchtet die Initiative jedes Jahr einen Aspekt nachhaltiger Entwicklung und stellt darum ein Programm zusammen. „Fischbachtal kreativ verbindet auf eindrucksvolle Weise Gemeinschaftssinn mit Neugier“, so Vollmer. Die Initiative fördere „die Begegnung von Menschen, ein gutes, lebendiges Gemeinwesen und nicht zuletzt unsere Demokratie – nicht wenig in Zeiten, in denen populistische Thesen salonfähig geworden sind“.

Jahresthema „Fürchtet euch nicht“

„Fürchtet euch nicht“ lautet das Jahresthema des Dekanats in diesem und im nächsten Jahr. Die Initiative trage weit über das Fischbachtal hinaus dazu bei, „dass das Leben in unserer Region, in unserem Land und auf dieser Welt besser wird und Menschen ohne Angst zuversichtlich in die Zukunft schauen können“, sagte Vollmer.
Sie sei dankbar, überrascht und gerührt, etwas zu bekommen, sagte Brigitte Kitschke, die zurzeit sechs Kinder mit Migrationshintergrund drei Mal die Woche einzeln bei den Hausaufgaben betreut und außerdem in der Nachbarschaftshilfe und im Förderverein der Kleinkunstkneipe Alte Post engagiert ist. Sie sei schon früh angehalten worden, anderen zu helfen, für sie sei dies auch Ausdruck der Dankbarkeit für ihre Lebenschancen und ihres christlichen Glaubens.

„Es ist gut, dass die Kirche sich gesellschaftspolitisch engagiert“

Stellvertretend für die Initiative „Fischbachtal kreativ“ nahm Werner Bert den Preis entgegen. „Es war überwältigend für mich“, sagte er, „und sehr wertschätzend für alle Vorgeschlagenen.“ Das Preisgeld wird direkt in die Arbeit des Vereins fließen, der auf Spenden und Sponsorengelder angewiesen ist. „Ich finde es gut, dass sich die Kirche gesellschaftspolitisch engagiert und zunehmend Stellung bezieht“, sagte Bert.
Beim Come together mit munteren Gesprächen, farbenfrohen Speisen und Getränken vom Büffet und der Musik von Johnny’s Jazz Collection aus Fischbachtal, bestehend aus Hsin Nieh (Gesang), David Margaryan (Piano) und Hans Gantner (Saxofon), die die gesamte Veranstaltung stilvoll begleiteten, klang der Abend aus.

(Text/Fotos: S. Rummel)

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