Dabei dürfen sie dem Meister an der Orgel mittels Video-Übertragung auf Leinwand ganz genau auf seine flinken Hände und Füße schauen. Seit der Renovierung der Kirche werden für dieses besondere Konzert die Bänke im Kirchenraum umgedreht, um dem Musikgenuss auch ein optisches Highlight hinzuzufügen. Mit dem „Walzer Nr. 2“ von Dimitri Schostakowitsch lud Steffenhagen zum Schwelgen im Dreivierteltakt ein. Beim „Weihnachts-Bolero“ tippelten die roten Schuhe des Organisten erst zögerlich auf den Pedalen und steigerten sich mit den immer schneller spielenden Händen, bis schließlich die pure Leidenschaft der Musik den Kirchenraum füllte.
Eine weitere Weihnachtsreminiszenz bot das Stück „Es kommt ein Schiff geladen“. Hier ließ der Organist seine Zuhörer raten, auf welchem Fluss das Schiff wohl unterwegs sei. Er hatte in seinem Arrangement eine Moldau-Verknüpfung eingeflochten, die nicht sofort erkennbar war. Bei den Auszügen aus Tschaikowskys „Nussknakker-Suite“ tanzten sich Steffenhagens Finger durch mehrere Länder und ließen nicht nur die Zuckerfee durch die Gedanken des Publikums wirbeln. Mit dem bekannten „Blumenwalzer“ schloss dieser Reigen.
Im 1. Satz von „Der Winter“ wurden klirrende Kälte und Zähneklappern von Antonio Vivaldi anschaulich vertont und von Steffenhagen eindrucksvoll interpretiert. Dass der Organist 14 Jahre in Brasilien lebte, erfuhr das Publikum bei der Interpretation von Bachs „Toccata a la Samba“, denn die flinken Finger auf der Tastatur heizten den Zuschauern mächtig ein und drückten dem Stück einen ganz individuellen Stempel auf. Auch die Improvisationen über „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“, „Adiemus“ und „Fluch der Karibik“ zeigten, mit welch großem Talent Steffenhagen ans Orgelspiel herangeht und wieviel Herzblut er in seine Stücke legt. Das Publikum war fasziniert von den Klängen und der Stimmung in der Kirche: wann hat man schon Gelegenheit, die wunderschöne, reichlich verzierte und von goldenen Engeln flankierte Orgel bei Kerzenschein zu bewundern?
Steffenhagen schätzt die „kleine, aber feine Orgel“, die aus dem Jahr 1743 stammt und gut eingerichtet ist. Als Organist spielt man ja stets unterschiedliche Instrumente und freut sich über die Besonderheiten in jeder Kirche. Schon am Mittag reiste er an und machte sich mit der Orgel vertraut. Er stimmte die notwendige Registrierung auf seine Arrangements ab und bereitete für jedes Stück eine Art „Spickzettel“ vor, damit zwischen den Musikstücken während des Konzerts keine großen Wartepausen entstehen. Seine roten Schuhe seien übrigens Tanzschuhe mit weicher Ledersohle und an den Zehen spitz zulaufend, damit er treffsicher auf den Pedalen „tanzen“ könne, verrät er auf Nachfrage mit Augenzwinkern. Für sein 25. Konzertjubiläum im nächsten Jahr liefen bereits die ersten Vorbereitungen und das Publikum dürfe sich auf ein besonderes Konzert freuen. kb
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Rubrik: Babenhausen und Umgebung
09.01.2020
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