Stadtverordnetenversammlung: Frequenzbringer und Belebung der Altstadt? Oder: Vier hohe Klötze?

Projekt „Alte Gärtnerei Babenhausen“ wird im Stadtparlament kontrovers diskutiert

Am Montag (18.) fand in der Stadthalle Babenhausen die letzte Stadtverordnetenversammlung des Jahres 2017 statt. Die überschaubare Tagesordnung mit neun Drucksachen, wurde zu Beginn der Sitzung noch um zwei Punkte reduziert, denn die Drucksachen „Reduzierung des Investitionsstaus in Babenhausen für die Jahre 2018ff“ und die „Bauleitplanung, Aufstellungsbeschluss zur 2. Änderung des Bebauungsplans -Lachfeld- in Langstadt“ wurden von der Tagesordnung genommen, bzw. an die Ausschüsse verwiesen.

Bürgermeister Achim Knoke informierte aus den vergangenen Magistratssitzungen. Hierbei berichtete er unter anderem über den aktuellen Stand in der ehemaligen Kaserne. Die Entkernung der Gebäude schreitet voran, die vorliegenden Abbruchanträge werden bearbeitet und ein Interessenten-Management, für die zahlreichen Nachfragen soll implementiert werden, berichtete der Rathauschef. Der (neue) Wasserturm auf dem Kasernenareal ist in den Fokus des Denkmalschutzes gerückt, eine Sanierung soll wohl ins Auge gefasst werden, mit Sanierungskosten von etwa 700.000 Euro ist hier zu rechnen.
Weiterhin berichtete Knoke über eine anonyme Anzeige bei der Staatsanwaltschaft, bezüglich der Situation der beiden Hallen in Hergershausen und Sickenhofen.
Die nächsten drei Tagesordnungspunkte wurden ohne größere Aussprache beschlossen. Mit breiter Mehrheit passierten die Drucksachen: Verpachtung eines unbebauten Grundstückes (statt eines Verkaufs), die B26 Südumgehung (Priorisierung im Bundesverkehrswegeplan) und der Frauenförder- und Gleichstellungsplan der Stadt Babenhausen (1.1.2017 bis 31.12.2022) das Stadtparlament.
Die Zweitwohnungssteuer beschäftigte anschließend die Stadtverordneten. Die erst Ende vergangenen Jahres beschlossene Zweitwohnungssteuer soll nun, bevor sie richtig an den Start ging, wieder aufgehoben werden. Wie Bürgermeister Knoke erläuterte habe diese Steuer „Keine große Relevanz für den Haushalt“. Milena Scinardo (FDP) appellierte für die Beibehaltung der Zweitwohnungssteuer, da man bereits viel Arbeit investiert habe und „Kleinvieh auch Mist mache“. Auch Wolfgang Heil (FWB) verwies auf den gefassten Beschluss, den der Magistrat als Auftrag zur Umsetzung bekommen habe. In der Aussprache entgegnete Bürgermeister Knoke, dass man mit weniger Aufwand den gleichen Effekt wie bei der Zweitwohnungssteuer erzielen könne, man müsse lediglich die Grundsteuer um zwei Punkte erhöhen. Mit den Stimmen von CDU/FWB und FDP wurde der Antrag  „Aufhebung der Zweitwohnungssteuer“ abgelehnt.
Die Drucksache „Prüfung Jahresabschluss 2014 der Kommunalen Dienstleistungen“ passierte mit einstimmigem Votum das Parlament.
Bei der Drucksache „Vorhabensbezogener Bebauungsplan, Kirchgärten – Änderungsplan Nr. 3 – Alte Gärtnerei“ sollte der Aufstellungsbeschluss gefasst werden, aber schon nach der Sitzung des Bauausschusses (am Freitag, 15.12. im DRK-Heim in Harpertshausen) war klar: dieser Tagesordnungspunkt wird für einige Diskussionen sorgen. Bürgermeister Knoke erläuterte dann auch sehr ausführlich den seitherigen Verlauf des geplanten Projektes. Seit Frühsommer 2015 beschäftige man sich mit dem Vorhaben. Der Eigentümer der Gärtnerei (An der Stadtmauer/Martin-Luther-Straße) plane den Umzug des Betriebes an die Bouxwiller Straße und den Verkauf des seitherigen Gärtnerei-Geländes. Die ursprünglich geplante reine Wohnbebauung mit Stadthäusern, wollte man von Seiten der Verwaltung nicht näher treten. Die Ansiedlung eines sogenannten Frequenzbringers, um die Innenstadt zu beleben und städtebaulich nachzulegen, rückte die Nutzung von Wohnen und Gewerbe in den Fokus. „Wir hätten gerne eine Entwicklung aus einem Guss“ schilderte der Rathauschef.
In der Bauausschuss-Sitzung schilderte der Prokurist der Projektplanungs-Gesellschaft ebenfalls die zahlreichen Gespräche die im Vorfeld geführt wurden. Insbesondere die Aussage der Denkmalschutz-Behörde „Ihr müsst da drüben modern werden“ führte dann zu dem vorgelegten Entwurf, der neben einer großen Gewerbefläche im Erdgeschoss, vier sogenannte Kammbauten vorsieht. Der Projektplaner informierte die Teilnehmer auch über die mögliche Nutzung der Gewerbeflächen. Ein Reha- und SportCenter, zwei Ärzte und eine Apotheke signalisierten bereits ihr Interesse an einer Ansiedlung in Babenhausen. Eine Vertiefung der Gespräche um eine Verbindlichkeit der Interessenten zu erreichen, könne allerdings erst vorgenommen werden wenn für das Projekt eine gewisse Planungssicherheit bestehe, daher sei der Aufstellungsbeschluss für die Investoren von zentraler Bedeutung.
Bei der Aussprache im Stadtparlament wurde vom Fraktionsvorsitzenden der CDU, Stephan Sawallich, die zu spezifische Planung -auf ein Projekt fokussiert- kritisiert. Ein Änderungsantrag zur Drucksache, der eine vollständige Überplanung anstrebt wurde eingebracht. Bürgermeister Knoke mahnte in der Diskussion „Dieser Antrag wirft das Projekt zeitlich aus der Bahn“. Auch Manfred Willand (Fraktionsvorsitzender der FDP) appellierte Bürger und Investor „Keine Knüppel zwischen die Beine zu werfen“ beim Offenlagebeschluss gelte es dann aber genau hinzuschauen, denn „Wir bezweifeln dass dies die richtige Art ist die Fußgängerzone zu beleben“.
Der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, Wolfgang Heil, kritisierte den Umstand eine kurzfristige Entscheidung für diese Projekt treffen zu müssen. Die Unterlagen der Planung wären erst am 28.11 vorgelegt worden und es müsse den Stadtverordneten auch genug Zeit für die Entscheidungsfindung zugestanden werden. In der Diskussion brachte er seine Vorbehalte gegenüber der Planung auf den Punkt, als er von „Vier 16 Meter hohen Klötzen“ sprach.
Bürgermeister Knoke appellierte abermals an die Stadtverordneten „Sie sitzen aus einem Grund hier – das Beste für Babenhausen zu beschließen“. Stadtverordnetenvorsteher Friedel Sahm (CDU) unterbrach die Sitzung um mit den Fraktionsvorsitzenden das weitere Vorgehen zu besprechen. Während dieser Sitzungsunterbrechung wurde auch der Projektplaner telefonisch kontaktiert. Nach einer dreißigminütigen Beratungszeit einigte man sich darauf, die Drucksache von der Tagesordnung zu nehmen um sie in der nächsten Stadtverordnetenversammlung am 1. Februar 2018 erneut zu beraten.    

Hintergrund: Planungsumfang Projekt „Alte Gärtnerei“ –  Die Gesamtgrundstücksfläche des Vorhabens beträgt fast 6.500 Quadratmeter. Mehrere Grundstücke und fünf verschiedene Grundstückseigentümer müssen bei dem Projekt unter einen Hut gebracht werden. Das geplante Bauteil A (entlang der Straße „An der Stadtmauer“) sieht die Kombination Gewerbe (EG und 1. OG) und Wohnen vor. Insgesamt soll hierbei eine Gewerbefläche von über 2.600 Quadratmeter entwickelt werden. Dreißig Wohnungen sieht der aktuelle Planungsstand in den vier Kammbauten vor. Das Volumen, insbesondere die Höhe dieser Kammbauten (16 Meter hoch) rückte in den Fokus der Diskussionen.
Das Bauteil B (Anfahrt über die „Martin-Luther-Straße“) soll 37 Wohnungen in sieben Häusern umfassen. Eine Tiefgarage ist für das gesamte Bauprojekt vorgesehen. Die „Großgarage“ soll Platz für insgesamt 189 Stellplätze bieten. Zwanzig dieser Stellplätze sollen der Stadtverwaltung dauerhaft zur Verfügung gestellt werden. Die Projektplanung sieht zusätzlich weitere 35 oberirdische Parkplätze vor.

(hz)

 

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