In seinen Ausführungen ging er auf den Wandel im Gesundheitswesen ein, die sich nicht nur in den ländlichen Regionen bemerkbar machen. Warum ist das so? Verschiedene Aspekte seien für diese Entwicklung verantwortlich. Beispielsweise scheitern viele an Medizin interessierte Berufseinsteiger, an den hohen Vorgaben des Numerus-Clausus-Wertes (NC), der in Hessen bei einem Notendurchschnitt von 1,1 liegt. Dabei werden Ärzte händeringend gesucht. In Deutschland findet jeder zweite Hausarzt keinen Nachfolger. Allein im Kreis Darmstadt Dieburg werden bis 2020 fast 70 Hausärzte einen Nachfolger suchen, da sie ihre Praxis mit 65 Jahren abgeben werden. Aber nicht nur Hausärzte sind gesucht, die Kreiskliniken Darmstadt-Dieburg suchen allein für den Standort Groß-Umstadt zur Zeit acht Assistenz- oder Fachärzte. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Veränderung des Berufsbildes Hausarzt. Der Hausarzt, wie ihn die Patienten von früher kennen, ist immer seltener anzutreffen. Der Landrat erinnerte sich an seine Kindheit, als Dr. Friedrich Schmidt – ein ehemaliger Regimentsarzt – sein Hausarzt war und zwar von Sonntag bis Sonntag. Der Trend geht allerdings zu größeren Organisationen mit geregelter Arbeitszeit, Urlaub und Teilverantwortung. Daher müssen zukünftig zwei ausscheidende Hausärzte durch ungefähr drei junge Hausärzte ersetzt werden. Gründe für ein Engagement werden immer mehr durch das soziale Umfeld, Kinderbetreuung, etc. beeinflusst. Auch die Aspekte: Interessante Arbeit, Gestaltungsmöglichkeit, Vernetzung mit anderen Leistungserbringern und Verdienstmöglichkeiten stehen im Fokus der „neuen“ Ärzte. Nach seinen umfassenden Schilderungen blickte Klaus Peter Schellhaas auf die Uhr und verkündete: Neun-Siebenundvierzig. Eine Punktlandung, die man sich auch bei der Umsetzung des Gesundheitskonzeptes wünscht. Die MVZ´s, die Medizinischen Versorgungszentren wurden von Pelin Meyer vorgestellt. Die Fachanwältin für Medizinrecht ist auch für die Personalentwicklung in den Kreiskliniken Darmstadt Dieburg zuständig. Das erste MVZ im Landkreis ging 2014 in Ober-Ramstadt an den Start. Dort arbeiteten bereits Haus- und Fachärzte unter einem Dach. Vor dem Hintergrund der schwierigen hausärztlichen Versorgung in Babenhausen, soll nun auch hier ein MVZ entstehen. Die Vorteile sind offensichtlich: Haus- und Fachärzte unter einem Dach garantieren den Patienten eine umfassende Versorgung aus einer Hand. Eine enge Kooperation mit den Kreiskliniken ergeben ebenfalls Vorteile für alle Beteiligten. Daher ist in der Zukunft eine Vernetzung von ambulanten und stationären Einrichtungen sinnvoll. Junge, gut ausgebildete ärztliche Nachwuchskräfte lassen sich leichter in ein MVZ integrieren als in ihnen einen Praxisnachfolger zu finden. Dazu kommt, dass ein Arzt etwa 40% seiner Zeit für administrative Aufgaben verbraucht und eine sofortige Selbständigkeit für junge Mediziner mit einem hohen Aufwand verbunden und nicht attraktiv ist. Die Erfahrungen des MVZ Ober-Ramstadt sind positiv und die Suche nach geeigneten Räumlichkeiten sei nicht die größte Hürde. Eine der größten Herausforderungen sei die Gewinnung von Ärzten. Elke Kessler, von der Firma ASD Concepts, erstellte das Gesundheitskonzept der Stadt Babenhausen und arbeitet intensiv an dessen Umsetzung. Im Themenbereich „Ansiedlung von Haus- und Fachärzten“ führte sie zahlreiche Gespräche mit Interessenten, der Kassenärztlichen Vereinigung und verschiedenen Interessenvertretungen. Sie belegte die Unterversorgung im hausärztlichen Bereich mit Zahlen. Während hessenweit ein Hausarzt 1.671 Einwohner versorgt, wurde für Babenhausen die Einwohnerzahl von 3.200 je Hausarzt genannt. Der aktuelle Bedarf an Hausärzten bezifferte sie mit drei, mittelfristig sogar mit vier. Daher ist eine Mitversorgung im haus- und fachärztlichen Bereich erforderlich, diese wird über Anbieter in Aschaffenburg, Darmstadt, Dieburg, Groß-Umstadt und Seligenstadt vorgenommen. Positives konnte Elke Kessler allerdings auch verkünden, denn die Ansiedlung eines Hausarztes in Hergershausen ist zum 1. Januar 2017 geplant und ein MVZ könnte in Babenhausen Ende 2017, Anfang 2018 an den Start gehen. Bei der anschliessenden Fragerunde standen neben der aktuellen Situation in Babenhausen, auch Themen der gesamten Gesundheitspolitik im Mittelpunkt. Konsens war, dass man die „große Politik“ nicht beeinflussen kann und versuchen muss für Babenhausen das beste Ergebnis zu erzielen, um die „Mangelwirtschaft“ im hausärztlichen Bereich zu beenden. Als möglichen Standort für ein MVZ in Babenhausen nannte Bürgermeister Achim Knoke unter anderem das Gelände des ehemaligen Feuerwehrhauses, die Gebäude der Brauerei Michelsbräu oder nach der möglichen Betriebsverlegung das Grundstück der Gärtner Grünewald. Eine Ansiedlung auf dem ehemaligen Kasernengelände könnte im Rahmen der Konversion ebenfalls angedacht werden. hz
Kommentare