Kunst: Netzwerk Bahnhof Langstadt: „Licht an!”

Fest steht im Augenblick nur: In diesem Jahr wird sich der Kran wohl noch nicht drehen. Denn noch ist die Finanzierung nicht abschließend geklärt, zudem dürfte die denkmalschutzgerechte Sanierung aufwendiger werden als anfänglich gedacht. Vor allem die Rundbogenfenster können nicht einfach durch neue ersetzt, sondern müssen fachmännisch restauriert werden. Der ursprüngliche Zustand soll möglichst erhalten oder wieder hergestellt werden.
„Mit dem Regionalmanagement des Kreises hatten wir in der Vorwoche einen Vor-Ort-Termin“, sagt Martin Münch vom Vereinsvorstand. „Für unsere Vorhaben gibt es großes Wohlwollen, die Entscheidung über finanzielle Zuschüsse trifft aber der Förderausschuss.“ Die Ideen für eine Nutzung des Bahnhofsgebäudes fasst der Trägerverein derzeit in einem Konzept für das Gremium zusammen.
Einige Ideen hat der Verein seit seiner Gründung im März 2014 umgesetzt und eindruckvoll gezeigt, dass der Langstädter Bahnhof auch in unsaniertem Zustand großes Potenzial birgt. Der Verfall des Gebäudes – Schalter- und Wartehalle werden seit 1982 nicht mehr genutzt – ist dabei oft Teil der Kunstprojekte oder dient als außergewöhnliche Kulisse.
„Licht an!“ hieß die jüngste Veranstaltung, in deren Mittelpunkt am Samstagabend drei Künstler standen. Denim Szram hatte in der ehemaligen Wartehalle seine Skulptur „Sechswand“ aufgebaut, mit der er visuelle und auditive Eindrücke verbindet. Zu elektronischen Klängen verändern sich Farben, Muster und Helligkeit der drei Würfel – die Rhythmen von Musik und Licht werden eins, bilden eine Choreografie.
Die Skulptur entstand in Krakau, wo Denim Szram zwei Auslandssemester absolvierte. Sein Werk fand bereits in der Kunstszene vieler europäischer Metropolen Beachtung „Aber in Langstadt ausstellen zu können, bedeutet mir persönlich viel“, sagt Szram, der heute in Basel lebt, an der Hochschule Darmstadt „Digital Media“ studiert hat. Klaus Schüller, ebenfalls Vorstandsmitglied des Langstädter Vereins, mit guten Kontakten zum Mediencampus Dieburg und Kenner der nationalen und europäischen Kunstszene, holte Denim Szram nach Langstadt.
Während im Bahnhof die Würfel leuchten, wird draußen auf klassische Art das Licht angemacht: Am prasselnden Lagerfeuer singt Perschya Chehrazi selbst geschriebene Songs, begleitet sich dabei auf der Gitarre. Kinder backen am Lagerfeuer Stockbrot, nebenan windet sich der mit violettem Licht angestrahlte Baukran in den dunklen Nachthimmel. Ein paar Kerzen beleuchten den Weg zur Schalterhalle, wo Alexander Ruzicka ein Modell der Bahnstrecke Langstadt- Umstadt aufgebaut hat. Auf 7,30 Meter Länge ist der Streckenabschnitt bei Klein-Umstadt abgebildet wie er 1985 aussah.
Nur wenige wissen noch, dass die Strecke einst zwei Gleise hatte, die meisten Bahnhöfe, die heute nur noch Haltepunkte sind, ein drittes Gleis besaßen. In Klein-Umstadt wurden an Gleis 3 im Herbst die Zuckerrüben verladen.
„Es ist schön, dass nach der langen Sommerpause am Langstädter Bahnhof wieder das Licht an war“, sagt Marlene (28) aus Groß-Umstadt, als das Lagerfeuer fast heruntergebrannt ist. Die Aktionen des Vereins seien immer etwas Außergewöhnliches. Sie hofft, dass auch während der Sanierung – sie dürfte mindestens eineinhalb Jahre dauern – der Bahnhof ein geselliger Treffpunkt bleibt.
Mehr Infos: www.bahnhof-langstadt.de
    mel