Andrea Alt, Bildungsreferentin und Koordinatorin für Ehrenamtliche in der Flüchtlingsarbeit im Dekanat, schilderte die aktuelle Situation. 3800 Geflüchtet und Asylsuchende leben derzeit im Landkreis Darmstadt-Dieburg mit seinen 23 Städten und Gemeinden und rund 300.000 Einwohnern. Rund 1200 Ehrenamtliche kümmern sich in den jeweiligen Asylkreisen vor Ort um die Geflüchteten.
Papierwust führt zur Überforderung
„Willkommen heißen ist einfacher als integrieren“, sagte Andrea Alt in Anspielung auf den Herbst 2015, als Tausende von Geflüchteten nach Deutschland kamen und hier freudig begrüßt wurden. Jetzt gehe es um die Integration. Dabei übernehmen Ehrenamtliche viele Aufgaben – Betreuung in den Flüchtlingsunterkünften, Begleitung bei Kindergarten-, Schul- und Arztbesuchen und zu Ämtern und Behörden. „Germany is a land of papers“, sagte Andrea Alt, was die Delegationsteilnehmer mit Gelächter quittierten. Schon allein wegen der Sprache seien die vielen Formulare eine Überforderung für die Geflüchteten, aber teilweise auch für die Ehrenamtlichen. In den USA sieht das nicht viel anders aus: „We also have a lot of papers“, sagte Kelly Tooley, die als Sozialarbeiterin mit Geflüchteten arbeitet.
Restriktivere Beurteilung der Asylverfahren
Die Verfahrensqualität habe nachgelassen, erläuterte Benita Suwelack, die beim Diakonischen Werk Darmstadt-Dieburg Flüchtlinge zu ihren Asylverfahren berät. Und nannte ein Beispiel: So verweigere das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Moment Flüchtlingen aus Afghanistan trotz der unsicheren Sicherheitslage im Heimatland sehr oft die Anerkennung als Flüchtling verweigert. Bei Klagen gegen die negative Entscheidung des Bundesamtes kämen die Verwaltungsgerichte aber dann doch häufig zu anderen Urteilen.
Der Wind hat sich gedreht, die Politik ist sehr viel restriktiver geworden – in Deutschland wie in den USA, dort insbesondere seit Donald Trump Präsident ist, so die einhellige Meinung. Der Rassismus habe zugenommen, erläuterte John Campbell, die Menschen sagten Dinge über Flüchtlinge und auch über Frauen, die sie vor einigen Jahren nicht zu sagen gewagt hätten. Die Regierung mache es schließlich vor. Umgekehrt – und auch das sei neu – gingen mehr Menschen auf die Straße, um dagegen zu protestieren.
Die Rolle der EKHN
Die EKHN hat sich in der Flüchtlingsfrage klar positioniert. Sie gebe Geld für Flüchtlingsprojekte, so Andrea Alt, unterstütze bei der Ausbildung Ehrenamtlicher und ermögliche eine unabhängige Flüchtlingsberatung. Im Evangelischen Dekanat Vorderer Odenwald habe es zudem bereits drei Kirchenasyle gegeben, um die Betreffenden, alle sogenannte „Dublin-Fälle“, vor der Abschiebung zu schützen.
Gäste und Gastgeber waren nach dem halbtägigen Besuch von dem offenen Austausch angetan. „Trotz aller Unterschiedlichkeit der Systeme – die Fragen sind überall die gleichen“, resümierte Andrea Alt. „Mich hat beeindruckt, dass diese Delegation sich auf den Weg in die deutsche Partnerkirche macht, um mit uns über den Umgang mit Flüchtlingen zu sprechen und für sich zu lernen“, sagte Dekan Joachim Meyer. „Das ist für sie ein so elementar wichtiges Thema, dass sie sich auf den Weg machen, und sie trauen der Partnerschaft mit der deutschen Kirche viel Kompetenz in dieser Frage zu. Das freut mich.“
(Text/Foto: S.Rummel)
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