Retten – Löschen – Bergen – Schützen, seit 1875: Drei Stadtteil-Feuerwehren zusammen bei Zwei-Tages-Übung

Die Familie von Günther Diehl betreibt seit Generationen Landwirtschaft. Milchviehhaltung und Getreideanbau sind das Tagesgeschäft. Die Energieerzeugung ist dagegen noch recht neu. Vor etwa fünf Jahren errichtete Günther Diehl auf seinem Aussiedlerhof zwischen Langstadt und Schlierbach eine Biogasanlage. Dass die Anlage einmal in Brand gerät, ist unwahrscheinlich.

Als Übungsobjekt für die Freiwillige Feuerwehr eignet sie sich aber hervorragend. Ebenso wie der gesamte Bauernhof mit Kuhställen und Scheunen, mit Silos, Gassen, Ecken und Winkeln, in denen sich die Einsatzkräfte erst einmal zurechtfinden müssen. Zum Abschluss ihrer Zwei-Tages-Übung trafen sich 55 Feuerwehrleute der Wehren aus Babenhausen, Langstadt und Harpertshausen am Samstagnachmittag auf dem Bauernhof Diehl, um dort gleich mehrere Einsatzszenarien zu proben. Angenommen wurde eine Explosion an einem Gärbehälter der Biogasanlage, bei der ein Mensch verletzt wurde. In einer Scheune, in der sich ebenfalls Personen aufhielten, brach ein Folgebrand aus. Zudem gab es einen Unfall, bei dem ein Auto unter einen Anhänger geriet, der Fahrer eingeklemmt wurde. Bei der gemeinsamen Übung der drei Stadtteil-Feuerwehren gehe es nicht vorrangig darum, einen möglichst realistischen Ablauf darzustellen, sagte Werner Flechsenhar von der Babenhäuser Stützpunktfeuerwehr. „Die Einsatzkräfte üben vielmehr den Umgang mit unterschiedlichen Gerätschaften wie hydraulischen Scheren und Spreizern. Auch wird das Zusammenspiel der Voraushelfer mit den anderen Einsatzkräften geprobt, die in mehreren Abschnitten an den verschiedenen Einsatzstellen arbeiten“, erklärt Flechsenhar. Die Menschenrettung habe dabei immer Vorrang. So schickte Einsatzleiter Carsten Stauder zunächst einen Trupp zur Biogasanlage. Während die einen den brennenden Behälter löschten, versorgten andere die verletzte Person, die bewusstlos auf einem Gerüst lag. Mit dem Teleskopgelenkmast konnte sie schnell und ohne das Risiko weiterer Verletzungen gerettet werden. Auch aus dem brennenden Schuppen holten die Feuerwehrleute mehrere dort eingeschlossene Personen, brachten sie zu den Voraushelfern, die an einem sicheren Platz eine Erstversorgungsstation aufgebaut hatten. Ein dritter Einsatzabschnitt kümmerte sich um die im Fahrzeug eingeklemmte Person – die einzige, die von einer Puppe dargestellt wurde. Explosion und Brandbekämpfung, der Austritt gefährlicher Flüssigkeiten und nicht zuletzt die Personenrettung – die Zwei-Tages-Übung enthielt nahezu das gesamte Repertoire der Einsatzmöglichkeiten der Feuerwehren. Allein den korrekten Unterbau, der beim Öffnen von Unfallfahrzeugen notwendig ist, könne man nicht oft genug üben, so Werner Flechenhar. „Macht man hierbei einen Fehler, kann das Auto beim Öffnen mit Schere und Spreizer absacken und zum Problem für die eingeklemmte Person werden.“ Der großen Abschlussübung, für die Jens Rodenhäuser verantwortlich zeichnete, ging deshalb ein umfangreicher theoretischer Teil voraus. Die Einsatzkräfte probten zunächst, das Einsatzumfeld zu bewerten und Sicherheitszonen einzurichten, lernten die Geräte und ihre Wirkungsweisen kennen. Neu sind die „Rettungskarten“, die den Feuerwehrleuten die Orientierung in modernen Fahrzeugen erleichtern. In Autos sei immer mehr Elektronik verbaut, sodass die Rettungskräfte vor allem über das Bordnetz Bescheid wissen müssten. „Schneidet man das Fahrzeug an der falschen Stelle auf, kann das ganze System kollabieren, wird die Rettung zusätzlich erschwert“, erläutert Flechsenhar. Nicht jede technische Neuerung sei immer auch ein Fortschritt.  mel

 

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