Freiwillige Feuerwehren Sickenhofen und Hergershausen: Gemeinschaftsübung mit dichten Anzügen gegen Chemie

Außerirdische auf einer Wiese beim Erlensee? Nein, die vier Wesen üben die Beseitigung einer Giftfassleckage auf einem LKW und gehören zu den Feuerwehren Sickenhofen und Hergershausen.

Wenn man am Samstagvormittag Richtung Erlensee kam, wunderte man sich vielleicht über unförmig aussehende grüne Wesen. Dabei handelte es sich aber keineswegs um Außerirdische, sondern um Männer und Frauen der beiden Ortswehren von Hergershausen und Sickenhofen, die bei ihrem jährlichen gemeinsamen Übungswochenende einen angenommenen Chemieunfall bekämpften.

Bei der Übung am Samstag war angenommen, dass ein LKW verunfallte, der Gefahrengut trans- portierte. Die Helfer mussten ein ausgelaufenes 200 Liter Fass bergen. Um auch die Fingerfertigkeit zu üben, die mit den dicken Handschuhen ungewöhnlich eingeschränkt war, sollten Fotos gemacht werden. Anhand derer konnten Kameraden außerhalb der Gefahrenzone die Identifizierung des Stoffes einleiten und so die weitere Vorgehensweise definieren. Auch sollte die Leckage gestoppt werden, um weiteren Austritt der Chemikalie zu verhindern.
Nach 20 Minuten Arbeitszeit rief der Ausbilder Marco Eisenhauer seine Leute zu sich und lies ihnen nach fiktiver Dekontaminierung für kurze Zeit den Lungenautomaten abschalten. Dadurch sollte die Angst genommen werden, dass bei eventuellem Ausfall des Automaten schnell die Luft im Anzug wegbliebe. Beim Atmen in den Anzug merkten die Teilnehmer zwar, dass die Luft nicht mehr so frisch, aber durchaus noch ausreichend war. Dieser psychologische Aspekt ist notwendig, um Panikattacken zu verhindern, wie der Ausbilder betonte. Diese grünen rundum dichten Chemikalienschutzanzüge (kurz CSA) sind mit Atemschutz- und Funkgeräten ausgestattet und im Ernstfall nur von ausgebildeten Feuerwehrleuten zu tragen. Dass es wesentlich einfacher aussieht, als es letztendlich ist, konnte man erahnen, als die erschöpften und durchgeschwitzten Kameraden aus den Anzügen stiegen. Obwohl keine der Babenhäuser Wehren eigene CSA besitze, könnten im Ernstfall die Anzüge von sogenannten Gefahrgutzügen benutzt werden. Bei einer Großhavarie würde über „TUIS“, das Transport- und Informationssystem der chemischen Industrie, Verstärkung angefordert, deren Gefahrgutzüge sogar verschiedene Arten von CSA habe, um Gas, Säure und Flüssigkeiten zu bekämpfen. Die 5tägige Zusatzausbildung zum Atemschutzgeräteträger sollte jeder Feuerwehrler haben und die Ausbildung zum CSA-Träger machten etwa 10 Leute aus den beiden Ortswehren on Top dazu. Während es bei Feuereinsätzen wesentlich schneller zur Sache gehe, habe bei Chemieunfällen bedachte Vorgehensweise und die großräumige Absperrung der Unfallstelle oberste Priorität, um die Gesundheit der Einsatzkräfte nicht zu gefährden. Außenstehenden fehle manchmal das Verständnis dafür, dass nach Gefahrgutunfällen oft stundenlange Straßensperrungen notwendig seien, wie Eisenhauer bedauerte.
Sascha Kother, der stellvertretende Wehrführer von Sickenhofen, berichtete von der Übungseinheit am Vorabend, wo das Thema „lange Wegstrecke Wasserführung“ angesagt war. Im Bereich Wiesenhof wurde Wasser aus der Gersprenz über 600 Meter bis zur Mühle gepumpt. Parallel dazu wurde ein Haufen Unrat kontrolliert verbrannt, wofür sich der Wirt der Langfeldsmühle mit einem Abendessen für die Feuerwehrleute bedankt hat.
Hergershausens Wehrführer Ralf Aumann war für die Übung der „Ölsperre mit einfachen Mitteln“ zuständig, die auf der Gersprenz trainiert wurde. Dazu wurden 3 Schläuche zusammengebunden, wobei zwei mit Luft und einer mit Wasser gefüllt wurde. Dieses Gebilde konnte zwar gut schwimmen, hatte aber auch einen gewissen Tiefgang und wurde diagonal zur Fließrichtung im Bachlauf verlegt. Ein Stück flussaufwärts wurden als Übungsmittel Styroporkügelchen eingestreut, um einen Ölteppich zu imitieren. Dieses Gemisch fing sich entlang der schwimmenden Barriere und wurde in der Ecke per Hand mit Schaufeln abgeschöpft. Auch hier wurden nach erfolgreicher Übung diverse Punkte durchgesprochen, um das Gelernte zu vertiefen.
Jedes Jahr werde (mit wechselnden Themenschwerpunkten) ein gemeinsames Übungswochenende der beiden Ortswehren durchgeführt, da bei Alarmierungen auch meist beide Wehren ausrückten. Die gute Zusammenarbeit wird auch an weiteren Schulungsabenden und Übungen deutlich, wie Aumann unterstrich.      kb

 

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