Ludwig Krautwurst, ein begeisterter Sänger im Kirchenchor, verwahrte damals die Noten der damaligen Sängerlust und schlug seinem Sangesbruder Erich Krebs vor, den Gesangverein aufleben zu lassen. Gesagt, getan! Waren am Tag der Neugründung gerade einmal so viele Leute anwesend um einen Vorstand wählen zu können, lief sofort die Mitgliederwerbung an und durch viel Elan und gute Ideen wuchs der „neue“ Verein und konnte sich schnell etablieren. Als Dirigent des reinen Männerchores fungierte der damalige Musikstudent Peter Wilhelm aus Harreshausen. Das ursprüngliche Vereinsklavier konnte genutzt werden (es wurde im Kindergarten verwahrt und genutzt) und später durch ein „Schimmel-Schulklavier“ ersetzt. Zahlreiche Veranstaltungen, Konzerte und Aktivitäten sind seit dieser Zeit in guter Erinnerung geblieben und haben das kulturelle Leben in Harreshausen nachhaltig geprägt.
Das jährliche Straßenfest im Kastanienweg war aus dem Harreshäuser Veranstaltungskalender nicht mehr wegzudenken und später bereicherte das beliebte Schlachtfest das Vereinsleben. Eine riesige Herausforderung war die Ausrichtung des Kreissängerfestes, zweimal wurde dem Harreshäuser Gesangverein für die gute Gestaltung und reibungslose Organisation der Veranstaltung viel Respekt gezollt. Die Ausflüge der Sängerlust waren sehr beliebt und zahlreiche Anekdoten können die Mitglieder aus den schönen Erinnerungen berichten. Sogar eine Hobby-Fußballmannschaft gründeten die Sänger. Man gab sich hierfür selbst (mit einem Augenzwinkern) den wenig charmanten Namen „Rathausschreier“, da man damals im Rathaus probte und Anfangs noch nicht so gut singen konnte. Eine gute Entscheidung, so schilderte der langjährige 1. Vorsitzende Erich Krebs, war im Jahr 1998 der Entschluss von nun an „gemischt“ zu singen. Befreundete Gesangvereine lobten die gute Liedauswahl und auch die Auftritte bei den Harreshäuser Fastnachtern und bei den Seniorennachmittagen erhielten viel Applaus. Nachdem sich der Kirchenchor in Harreshausen auflöste übernahm die Sängerlust dessen Chorarbeit. Besonders festlich waren die Auftritte bei den weihnachtlichen Konzerten in der Kirche, das Weihnachtskonzert im vergangenen Jahr war der letzte öffentliche Auftritt des Chores.
Nachdem etwa zehn Mitglieder ankündigten nicht mehr weitersingen zu wollen kam es nun zu dem Entschluss die Sängerlust aufzulösen. Konnte der Verein einst rund einhundert Vereinsmitglieder zählen, waren es zuletzt noch ungefähr die Hälfte. Auch die aktiven Sänger hätten sich durch den Rückzug der zehn Mitglieder etwa halbiert. Für den avisierten Rückzug wurden gesundheitliche Gründe und das Alter genannt. Bei einer Altersspanne von 50 bis 86 war eine Überalterung des Vereins unabwendbar. Zahlreiche Bemühungen der Mitgliederwerbung, Hausbesuche und persönliche Gespräche brachten leider keinen Erfolg. Daher entschloss sich nun die Mitgliederversammlung der Sängerlust, mit breiter Mehrheit, zur Auflösung des Vereins. hz
„Schön war die Zeit – singen im Chor ist Balsam für die Seele“
Von der Neugründung der Sängerlust (am 10. April 1985) bis zum Entschluss zur Auflösung des Vereins (am 19. März 2019) hatte der Harreshäuser Gesangverein durchgängig nur einen 1. Vorsitzenden – Erich Krebs. Von der „Kladde“ über Computer-basierende-Mitgliederverwaltung bis zur „DSGVO“, der langjährige Vereinsvorsitzende könnte über seine ehrenamtliche Tätigkeit ein Buch schreiben. Zahlreiche Veranstaltungen und unzählige Übungsabende galt es zu planen und zu gestalten. Auch wenn erfolgreiche Vereinsarbeit auch immer erfolgreiche Teamarbeit bedeutet, wenn am Ende einer Aussprache eine Entscheidung zu fällen ist, dann richten sich meist die Blicke auf eine Person – auf den Vorsitzenden. Mit Leib und Seele war Erich Krebs Vorsitzender der Sängerlust und die 34 Jahre Vorstandsarbeit bei „seinem“ Gesangverein war ein großer Lebensabschnitt. Kein Wunder also, dass die Auflösung ihm in der Seele schmerzt.
Gesellschaftliche Veränderungen, die „Neuausrichtung“ des Freizeitverhaltens und eine andere Sichtweise auf das ehrenamtliche Engagement innerhalb einer (Dorf-)Gemeinschaft – es gibt zahlreiche Gründe für den feststellbaren Mitgliederschwund, nicht nur bei den Kultur-treibenden Vereinen. Es bleibt zu wünschen, dass sich die Menschen auch zukünftig wieder auf die schönen Seiten des (Vereins-)Lebens besinnen. In netter Gemeinschaft Zeit zu verbringen, Freundschaften zu schließen und einen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten – dies ist, wie Erich Krebs es auch für das singen bezeichnet „Balsam für die Seele“.
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