2016 ist das Jahr des Umschwungs. „Die Dinge haben sich verändert, sagte Striegler. Mehr als zehn Jahre lang habe die EKHN hohe Überschüsse erwirtschaftet, in diesem Jahr hingegen seien sie zehn Millionen unter dem Planansatz. Durch Nachzahlungen würde es wahrscheinlich noch 0 auf 0 aufgehen, aber ab 2018 müssten sie mit 15 Millionen Euro jährlich weniger auskommen. Die Gründe: immer weniger Kirchensteuerzahler infolge des demografischen Wandels und ein Unternehmen, das immer sehr viel Kirchensteuer gezahlt hat, aber nun seine Unternehmensstruktur verändert. „Die guten Zeiten sind, glaube ich, vorbei“, sagte Striegler.
„Neuer Nationalismus ist auch ökonomisch schädlich“
Der EKHN kommt laut Striegler eine Sonderrolle innerhalb der Evangelischen Kirche in Deutschland zu: 80 Prozent der Einnahmen seien Steuereinnahmen; doppelt so hoch wie im Osten. Auf EKD-Ebene zahle die EKHN 20 bis 21 Millionen Euro pro Jahr in den Finanzausgleich ein. Von den gesamten EKHN-Ausgaben entfielen rund 70 Prozent auf Personalkosten. Das sei „nicht überraschend“, so Striegler, „Kirche drückt sich in Personal aus.“ Was ist mit den Überschüssen passiert? Der größte Anteil, nämlich 70 Prozent, sei in die Kirchbaurücklage gegangen, aber auch in zweckgebundenen Rücklagen wie Ökofonds und für die Ruhestandsgehälter. Die große Pensionierungswelle komme 2018/19, da hätten sie vorsorglich schon mal mehr Geld eingestellt, erläuterte der Oberkirchenrat. Bis 2020 müssten zehn Millionen Euro pro Jahr strukturell eingespart werden – mögliche großpolitische Ereignisse wie ein Trump-Sieg in den USA oder anderes sei dabei nicht berücksichtigt. „Die Bestrebungen des neuen Nationalismus ist auch unter ökonomischen Gesichtspunkten schädlich, unter politischen sowieso.“
Was bedeutet das alles auf Dekanats- und Gemeindeebene? Sind Fusionen von Kirchengemeinden gewünscht? Sie seien „nicht unerwünscht, aber auch keine besondere Zielsetzung der Kirchenleitung“, sagte Striegler. Kooperationen hingegen seien sinnvoll.
Umschwung auch auf Dekanatsebene
„Jetzt ändert es sich“, sagte Willi Delp (Niedernhausen), der im Dekanatssynodalvorstand für die Finanzen zuständig ist und den Haushalt für 2017 vorstellte. „Das hat auch damit zu tun, dass wir immer weniger werden.“ Bislang konnte das Dekanat immer Überschüsse erwirtschaften, das ändert sich nun. Der Haushalt 2017 hat ein Volumen von knapp 2,1 Millionen Euro. Der Hauptanteil an Einnahmen – etwa 1,59 Millionen Euro – stammt aus Zuweisungen aus der Kirchensteuer. Den größten Ausgabenposten, nämlich knapp 1,4 Millionen Euro, machen die Personalkosten aus.
Die Synodalen stimmten bei nur einer Enthaltung dem Haushaltsplan 2017 zu. Die Jahresrechnung 2015, von Daniel Keller und Markus Krimm geprüft, wurde ebenfalls abgenommen. Sie schließt mit knapp zwei Millionen Euro. Mit großer Mehrheit hat die Synode zudem beschlossen, dass die Partnerschaftskollekte 2017 für eine junge Frau aus Südafrika verwendet wird, die von Februar bis Juni ein Freiwilliges Soziales Halbjahr in verschiedenen Einrichtungen der Gersprenztal-Gemeinden absolviert.
Weniger Gemeindeglieder – weniger Pfarrstellen
Die Gemeindeglieder werden weniger, das wirkt sich auch auf die Pfarrstellen aus. Bis Ende 2019 sinkt die Zahl der Pfarrstellen im Dekanat Vorderer Odenwald von 37 auf 35. Welche Kriterien für die Verteilung angelegt würden, wollte Pfarrer Ulrich Möbus (Altheim-Harpertshausen) wissen. Um den Sollplan zu ermitteln, zählten bislang zu 80 Prozent die Anzahl der Gemeindeglieder und zu 20 Prozent die Fläche, erläuterte der Vorsitzende Dr. Michael Vollmer. Sie gingen auf die Gemeinden zu, in denen voraussichtlich Veränderungen anstünden, um darüber zu sprechen. Das Thema kommt im nächsten Jahr wieder auf die Tagesordnung.
EKHN fördert Familienzentren nicht mehr
Nicht nur das Land Hessen fördert Familienzentren, sondern auch die EKHN. Allerdings nur drei Jahre lang, und diese Förderung ist nun zu Ende. Im Dekanat Vorderer Odenwald haben Christiane Hucke vom Diakonischen Werk Darmstadt-Dieburg als Koordinatorin und Bildungsreferentin Andrea Alt vier Kindergärten – Babenhausen, Groß-Zimmern, Klein-Umstadt und Reinheim – seit Ende 2013 begleitet. Die Ausgangspositionen seien sehr unterschiedlich gewesen, der Förderzeitraum seitens der EKHN mit drei Jahren zu knapp bemessen, resümierte Christiane Hucke. Sie blicke dennoch positiv auf das Projekt zurück, da die Kindergärten viele neue Impulse erhalten hätten.
„Niemand ist eine Insel“
Vor Tagungsbeginn wurde Pfarrerin Margit Binz, neue Referentin für Ökumene und interreligiösen Dialog, von Dekan Joachim Meyer in der Stadtkirche eingeführt. Begleitet wurde der Gottesdienst vom Südafrika-Projektchor unter der Leitung von Dekanatskantor Matthias Ernst. „Ökumene lebt vom Dialog und der Begegnung“, sagte Meyer. Es gehe darum, sich selbst als Teil des Ganzen zu sehen, sagte Margit Binz, die in ihrer Predigt Bezug auf den englischen Dichter John Donne (1572-1631) nahm: „Niemand ist eine Insel, ganz für sich selbst; jeder Mensch ist ein Stück der Welt, ein Teil des Ganzen.“ Es sei wichtig über den eigenen Tellerrand zu schauen und Begegnungen zu gestalten und die Verbindung zu den Partnerkirchen zu pflegen, aber auch auf den Teller zu schauen, um zu sehen, wie es um die Herkunft unserer Nahrung bestellt ist. Die höchste Lehre sei die des Mitgefühls, und da fange man am besten bei sich selbst an.
Rolf Hartmann fühlt sich als Prädikant beschenkt
Seit 30 Jahren ist Dr. Rolf Hartmann im Prädikantendienst, das heißt er verkündigt als Ehrenamtlicher das Evangelium. Dafür würdigte ihn Dekan Joachim Meyer. „Wenn ich einen Gottesdienst vorbereite, habe ich den meisten Gewinn davon“, sagte der Leiter eines Softwareunternehmens. Bei der Auslegung des Predigttextes kämen ihm so viele Ideen, so Hartmann, er fühle sich „reich beschenkt“. Allerdings mache er sich Gedanken darüber, dass die Gottesdienstbesucher stark rückläufig seien. Hartmann sehe die „Gefahr, dass wir unsere Position als Kirche in der Welt verlieren“, dabei sollte die Predigt mit dem Leben der Menschen zu tun haben.
Hintergrund: Die Synode ist das regionale Kirchenparlament des Evangelischen Dekanats Vorderer Odenwald. Es vertritt 40 Kirchengemeinden mit rund 58.000 Mitgliedern zwischen Reichelsheim und Babenhausen.
Die Mitglieder sind für sechs Jahre gewählt. Sie bestimmen die inhaltlichen Schwerpunkte und Ziele, verabschieden den Haushalt und wählen den Dekan/die Dekanin. Der Vorstand jeder Kirchengemeinde entsendet – abhängig von deren Größe – zwei bis drei Delegierte in dieses Gremium, dem sowohl Pfarrerinnen und Pfarrer als auch theologische Laien angehören. Die Synode tagt dreimal pro Jahr und ist das „politische“ Entscheidungsgremium des Dekanats. So können die Mitglieder Anträge beschließen, die sie in die Synode der Landeskirche einbringen.
(S.Rummel)
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