St. Rochus setzt als erste Klinik im Landkreis neues Navigationsverfahren ein: Smartphone-Technologie bei Kniegelenksersatz-Operationen

Zwei Einmal-Sensor-Würfel, jeder etwa 4 cm groß, werden je OP benötigt. LED-Leuchten auf den Würfeln zeigen – unterstützt durch akustische Signale – die optimale Positionierung der Prothese am Kniegelenk an.

Als erste Klinik im Landkreis wird am St. Rochus Krankenhaus eine innovative Navigationsmethode zur Implantation von Knieprothesen eingesetzt. Das sog. iAssist-Verfahren navigiert mittels modernster Smartphone-ähnlicher Technologie millimetergenau direkt am Operationsfeld. Zwei kleine Würfel mit integrierten Lagerungs- und Beschleunigungssensoren werden direkt am Knie aufgesetzt und ermöglichen eine gradgenaue Position der Prothese. Operiert werden Knieendoprothesen mit diesem Verfahren von den beiden Orthopäden Dr.med. Michael Hartmann und Dr.med. Gerald Grohe, die in den letzten beiden Wochen bereits die ersten Patienten erfolgreich behandelten.

DIEBURG. Mittels computerassistierter Navigationssysteme Gelenkersatz passgenau zu positionieren, ist heutzutage kein medizinisches Novum mehr. Bei vielen orthopädischen Operationen kommen computergesteuerte Implantationstechniken zum Einsatz, um eine achskorrekte Passgenauigkeit von Prothesen zu erreichen. Gewöhnlich benötigt man dazu jedoch umfangreiche Geräteapparatur und aufwendige Kamerasysteme im Operationssaal. Durch zusätzliche Bohrungen am Knochen müssen zudem spezielle Sensoren an verschiedenen Knochen fixiert werden, die die Position und Achse von z.B. Ober- und Unterschenkelknochen erkennen und dem Operateur die Informationen für eine möglichst präzise Ausrichtung des Gelenkersatzes liefern. Der Vorteil der Passgenauigkeit wird jedoch zum Teil durch Wundheilungsstörungen und Komplikationen, wie z.B. Frakturen aufgrund der zusätzlich gebohrten Löcher geschmälert. Andere Formen der Navigation bedürfen zeitaufwendiger und langwieriger voroperativer Datenauswertungen anhand von CT bzw. MRT-Aufnahmen, um den passenden Gelenkersatz zu planen.
Anders ist es da beim iAssist-Verfahren, deren große Weiterentwicklung neben der exakten Passgenauigkeit vor allem darin liegt, dass keine zusätzlichen Fixierungen an Knochen für die Sensoren gebohrt werden müssen, die zusätzliche Wundherde für den Patienten bedeuten können. Die Sensorwürfel werden direkt an den sowieso benötigten „Schnittschablonen“ befestigt und der Operateur kann seinen Blick ausschließlich auf das Knie konzentrieren, da weder ein Computer noch Kameras berücksichtigt werden müssen. „Das Verfahren stellt den nächsten Entwicklungsschritt intelligenter Instrumente dar“, sagt Dr. med. Gerald Grohe. „Früher waren Navigationen sehr aufwendig, sowohl in Bezug auf die benötigte Geräteapparatur als auch bei der Planung und Durchführung. Eine kleine unkoordinierte Bewegung im OP konnte die ganzen Messungen zunichtemachen und der Operateur musste erneut mit der Ausrichtung beginnen. Mit diesen Würfel-Sensoren lässt sich bei kürzeren OP-Zeiten noch zielgenauerer und sicherer arbeiten.“
Die Bezeichnung iAssist kommt nicht von ungefähr. Das in den Würfeln verbaute Navigationstool bedient sich modernster Technik, wie man sie zur Steuerung von Handyprogrammen nutzt. Man findet sie z.B. bei Spielen, wo zum einen durch herkömmliche Bewegungssensoren die Neigung und Beschleunigung des Gerätes gemessen wird, aber insbesondere durch die sog. Gyroskop-Technik (Kreisel), eine genaue Lagebestimmung im dreidimensionalen Raum ermöglicht wird. Der Operateur erhält beim Bewegen des Beines exakte Daten über Winkel und Lage der „Schnittschablonen“ in Beziehung zum Ober- bzw. Unterschenkelknochen. Leuchtdioden auf den Würfeln und Tonsignale informieren ohne zeitliche Verzögerung über die aktuelle Präzision und ermöglichen eine gradgenaue Positionierung, ohne dass ein Blick vom Knie abgewandt werden muss. „Das elegante an dieser Methode sind die sensorgesteuerten Pads“, erklärt Dr. med. Michael Hartmann den Vorteil für den Operateur, „anhand derer direkt die Ausrichtung entsprechend den anatomischen Gegebenheiten des jeweiligen Patienten erfolgt. Sobald die optimale Gradstellung des Kniegelenks verlassen wird, meldet das Sensoren-System akustisch und visuell an welchem Bestandteil der Prothese reguliert werden muss.“
Ein kleiner Mini-Laptop im Hintergrund dient ausschließlich der Dokumentation der Operation. Alle relevanten Daten werden kabellos an den Laptop automatisch übertragen, aufgezeichnet und am Ende der OP auf einen USB-Stick abgespeichert und zu den Patientendaten abgelegt, sodass die Operation jederzeit nachvollziehbar ist. Zwar werde dieses Verfahren nicht zwingend bei jeder Knieersatz-OP notwendig, sondern insbesondere bei komplexen Fehlstellungen und starken Achsabweichungen, aber die beiden Fachärzte für Orthopädie und langjährigen Belegärzte am St. Rochus Krankenhaus sind sich sicher, dass es die konventionellen Operationsverfahren zukünftig immer häufiger ablösen, bzw. ergänzen wird.               (Text/Fotos: Anja Burzinski-Oesterling)

 

 

 

 

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