„Treten Sie im Fall Ihrer Wahl das Amt an?“ So oder so ähnlich lautet die Frage die ein Wahlleiter bei einer ganz gewöhnlichen Vorstandswahl in einem ganz normalen Verein an den von der Versammlung der Mitglieder vorgeschlagenen Kandidaten vor der Abstimmung stellt. Die Frage des Wahlleiters hat dabei neben dem rein praktischen Aspekt auch eine moralische Seite. Aus praktischer Sicht ist es schlichtweg sinnfrei einen Kandidaten zu wählen ohne ihn vorher gefragt zu haben, ob er für den Fall dass er gewählt wird, auch bereit ist das Amt auch anzutreten. Der moralische Aspekt, aber vielleicht hat das ja auch „nur“ was mit Anstand zu tun ist, dass man es den Wählern bzw. den Mitgliedern des Vereins einfach nicht zumuten will, vorgeführt zu werden. Man will ihnen die Peinlichkeit ersparen Jemanden wählen zu müssen, der nie die Absicht hat und hatte das Amt anzutreten. Dass der vorgeschlagene Kandidat für diesen Fall mit „NEIN“ antwortet, ist sicherlich auch Ausdruck seines Respekts und seiner Achtung den Wählern bzw. seinen Vereinskollegen gegenüber. Respekt und Anstand eben.
Und wie sieht das in der politischen Wirklichkeit aus? Die SPD in Babenhausen mit ihrem Spitzenkandidaten Herrn Knoke macht es uns vor: Als amtierender Bürgermeister gerade erst vor etwas mehr als einem Jahr ins Amt gewählt, lässt er sich zum Spitzenkandidaten küren und auf den ersten Platz der Wahlliste für die Stadtverordnetenversammlung setzen. Dabei wird bei lebensnaher Betrachtung schnell klar, dass ein amtierender Bürgermeister niemals sein Amt zugunsten einer Wahl in die Stadtverordnetenversammlung aufgeben wird – niemals! Der Wähler allerdings, der um diese Dinge nicht weiß und die Kandidatur „seines Kandidaten“ für „bare Münze“ nimmt und darauf vertraut, glaubt auch weiterhin, dass er mit seiner Stimme bzw. seinen Stimmen genau das bewirken kann, was mit seinen Stimmen normalerweise möglich ist, nämlich die Erhöhung der Wahrscheinlichkeit, dass der von ihm gewählte Kandidat das Amt, für das er sich beworben hat, auch erreicht.
Wenn dieser Kandidat aber schon von Anfang an keinerlei Absichten hat dieses Amt im Falle seiner Wahl anzutreten, dann ist damit die zuvor angesprochene Wahrscheinlichkeit de facto Null und kann auch durch die Abgabe beliebig vieler Stimmen für diesen Kandidaten nicht weiter erhöht werden. Die auf den Kandidaten bei der Wahl dann entfallenden Stimmen werden ihre vorgesehene Wirkung somit niemals entfalten können! Diese Wählerstimmen werden damit entgegen der eigentlich geplanten Verwendung und vor allem ohne Wissen des Wählers faktisch wertlos gemacht.
Natürlich muss davon ausgegangen werden, dass es Wähler geben wird, die sich nach der Wahl von „ihrem“ Kandidaten dadurch getäuscht fühlen, dass dieser sich zwar zunächst zur Wahl gestellt hatte und gewählt wurde, das Amt dann aber nicht antritt. Sie werden sich getäuscht fühlen in dem Sinne, dass sie von ihm in die Irre geführt wurden. Sie werden möglicherweise sogar zu der Überzeugung gelangen, dass sie sich bei der Abgabe ihrer Erklärung zum Zeitpunkt der Wahl, ausgelöst durch diese Umstände, geirrt haben und sie könnten die Meinung vertreten, „ihr“ Kandidat sei dafür verantwortlich zu machen. Für einen solchen Fall würde sich auch die Frage stellen, ob die von „ihrem“ Kandidaten enttäuschten Wähler ihr Wahlverhalten möglicherweise geändert und ihre Stimmen anders
eingesetzt hätten, wenn ihnen schon von Anfang an, spätestens jedoch zum Zeitpunkt der Wahl, klar gewesen wäre, dass ihre Stimmen die gesetzlich garantierte grundsätzliche Wirkung bei diesem Kandidaten niemals werden entfalten können. Als direkte Folge daraus wird sich wohl auch die Frage ergeben, ob dies den Ausgang der Wahl maßgeblich beeinflusst hat und wie das Alles zu beweisen ist.
Soweit muss es allerdings nicht kommen. Genügend Zeit bis zur Wahl verbleibt ja und die verbleibende Zeit könnte durchaus auch zum Nachdenken genutzt werden. Möglicherweise finden Sie, sehr geehrter Herr Knoke, rechtzeitig vor der Wahl ja noch die Antwort auf die Frage, die wir Ihnen hiermit in aller Öffentlichkeit stellen:
„Treten Sie im Fall Ihrer Wahl das Amt als Stadtverordneter an?“ Die Freien Wähler Babenhausen empfehlen allen Wählern hier ganz genau hinzuhören!
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Rubrik: Politik und Parteien
22.02.2016
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