Susanne Diehl, die an der Eingangstür sitzt, beobachtet schmunzelnd wie die Besucher beim Eintreten ihre Schuhe mit einem kräftigen Klopfen auf der Fußmatte von Eis und Schnee befreien, danach die Handschuhe ausziehen und die beschlagene Brille abnehmen. Manche fügen der kleinen Choreografie noch eine Bewegung hinzu und greifen nach einer der Lesebrillen, die auf einem Tischchen am Eingang liegen.
„Es kommt immer wieder vor, dass Besucher unseres Büchermarkts einen Roman aus dem Regal nehmen und beim Aufblättern bemerken, dass sie ihre Lesebrille vergessen haben und die Texte nicht entziffern konnten“, erzählt Susanne Diehl. In den ersten Jahren seien die Bücherfreunde dann enttäuscht wieder gegangen. „Inzwischen bieten wir leihweise Lesehilfen in verschiedenen Sehstärken an. Auch eilige Kunden, die nicht warten möchten, bis ihre eigene beschlagene Brille wieder frei ist, bedienen sich gern.“
Seit mehr als 25 Jahren gibt es den Büchermarkt zum Jahresbeginn auf der Veste Otzberg, damals initiiert von Gerd Grein. Anfänglich wurden gerade so viele gebrauchte Bücher verkauft, wie auf einen großen Tisch passten. Seit Susanne und Dirk Diehl aus Langstadt die Ausrichtung übernommen haben, hat sich die kleine Bücherbörse mit Flohmarktcharakter zu einem professionellen antiquarischen Büchermarkt gewandelt.
Mittlerweile wird die Burganlage im Otzberger Ortsteil Hering an drei Wochenenden im Januar zum Anziehungspunkt für Literaturfreunde aus einem Umkreis von mehr als 100 Kilometern. „Viele Kunden sind uns schon seit Jahren treu, kommen aus dem Taunus, aus dem Raum Heidelberg oder aus Franken. Wer zu uns kommt, besitzt oft eine große Leidenschaft für Literatur und Bücher an sich“, sagt Susanne Diehl, die als gelernte Antiquariatsbuchhändlerin selbst eine Passion für schön gestaltete Bücher hat.
Über Buchschnitt, Satz und
Illustrationen, über Bindung und Typografie kann man sich mit der Langstädterin ebenso angeregt unterhalten wie über den Inhalt der Werke. Die Preise variieren stark, reichen von einem Euro bis zu Preisen im niedrigen dreistelligen Bereich. „Das sind meist sehr alte Bücher, die in geringer Auflage aber mit großem Aufwand produziert wurden.“
Gerd Allmann aus Babenhausen ist diesmal nicht auf der Suche nach einem besonders ausgefallenen Buch. Die Liste der Autoren und Buchtitel, die er beim Büchermarkt zu finden hofft, ist dafür lang. Da Allmann einige Minuten braucht, um seine Brillengläser frei zu wischen, geht Susanne Diehl die Liste durch und schaut nach den vorrätigen Titeln. in den gut 60 Regalmetern gibt es Comics, Kochbücher und Kriminalromane, Kinder- und Jugendbücher, Bild- und Kunstbände sowie fremdsprachige Literatur. Auf dem gut sortierten Büchermarkt werde er immer fündig, berichtet derweil der Babenhäuser. „Ich unterstütze aber auch gern das Förderwerk Natur, das hinter dem Buchmarkt steht.“ Mit den Erlösen aus den Buchverkäufen fördert der Verein mehrere Naturschutzprojekte in der Region.
Das ist auch einer Kundin aus Heubach wichtig, die eben einen Korb voller Romane auf dem „Bücher-Parkplatz“ neben der Kasse abgestellt hat, um gleich darauf wieder auf Schmökertour zu gehen. „Bücher wollen gelesen werden, deshalb ist die Veste Otzberg für Leser und für Bücher ein toller Ort.“
Der Büchermarkt zugunsten des Förderwerk Natur öffnet auch am kommende Wochenende (29. und 30. Januar) von 11 bis 18 Uhr die Türen. mel
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