Der Schmökertisch wurde wieder bestückt; bald entstand eine Bücherbörse mit Flohmarktcharakter. Das ist längst vorbei. Der Flohmarkt hat sich zum antiquarischen Büchermarkt gewandelt, anstelle der Schmökertische gibt es nun im Korporalshaus der Veste auf etwa 60 Regalmetern und über zwei Stockwerke eine überwältigende Auswahl an Büchern. In den Regalen stehen großformatige Bildbände über Musik, Film und Malerei, über Landeskunde und Reisen, Literaturklassiker und Biografien, naturwissenschaftliche Sachbücher, fremdsprachige Literatur und Satirisches, Kochbücher, Kinderbücher und schließlich das, was Susanne Diehl „Lesefutter“ nennt. „Die leichte Unterhaltung für zwischendurch ist immer beliebt“, sagt die Langstädterin. Gleiches gelte für Fantasy-Geschichten und Kochbücher. Dazu gibt es kleine Aufmerksamkeiten wie Lesebrillen, die sich die Besucher ausleihen können.
„Viele Kunden unseres antiquarischen Büchermarkts kommen jedes Jahr. Es ist immer interessant zu sehen, wie zielstrebig sie in bestimmten Literaturgattungen suchen.“ Häufig würden Bücher gesucht, die bereits vergriffen sind, oder Exemplare, die nur in kleiner Auflage gedruckt wurden. Deren Wert zu bestimmen, ist Aufgabe von Susanne Diehl. Als antiquarische Buchhändlerin weiß sie, worauf es dabei ankommt. „Natürlich spielt der allgemeine Zustand des Buches eine große Rolle. Sind die Seiten vergilbt oder fleckig, haben sie Eselsohren oder hat der Vorbesitzer Randbemerkungen hineingeschrieben, verliert ein Buch an Wert“, erläutert sie. Auf dem Büchermarkt, den Susanne Diehl mit ihrem Mann Dirk – beide gründeten das „Förderwerk Natur“ in Langstadt – und dem Burgherrn der Veste, Rolf Tilly, organisiert, findet man solche Bücher in der Regel erst gar nicht. Dafür gibt es einige seltene Werke mit prächtigen Illustrationen oder aufwendiger Bindung.
Der Büchermarkt ist stets gut sortiert; obwohl niemand das Korporalshaus mit leeren Händen verlässt, gibt es keine Lücken in den Regalen. Der Grund: Es gibt unablässig Nachschub. Etwa 200 Umzugskartons voller Bücher hat das Ehepaar Diehl Anfang Januar vom Antiquariat in Langstadt auf die Otzberger Burg gebracht. Waren einige Kunden an der Kasse, werden die Lücken, die die verkauften Bücher hinterlassen haben, sofort mit neuen Werken gefüllt.
Die Kunden kämen aus einem Umkreis von etwa 100 Kilometern, sagt Dirk Diehl. Für sie seien das Hineinlesen in die Bücher, die Freude über ein lange vergeblich gesuchtes Exemplar und die Kommunikation mit anderen Literaturfreunden Teil des Lesevergnügens. „Das kann das Internet nicht bieten“, so Diehl. Dennoch werde auch für die Antiquariatsbuchhändler die digitale Konkurrenz empfindlich spürbar. Für viele Kunden zähle zudem der gute Zweck, denn die Erlöse aus den Büchermärkten fließen stets in Tier- und Umweltschutzprojekte des „Förderwerks Natur“.
Info: Der antiquarische Büchermarkt auf der Veste Otzberg ist noch einmal am kommenden Wochenende (23. und 24.) von 11 bis 18 Uhr geöffnet. mel
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