Er schloss ein Studium der Theologie und Islamwissenschaften in Heidelberg an, wo er auch promovierte, und wurde der erste ägyptische Pfarrer der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), zunächst in Offenbach, später in Langen. Schon damals begann er, einen intensiven Dialog mit den Muslimen zu führen; insbesondere seit seinem Ruhestand 2002 und als Vorsitzender des Rates für Interreligiösen Dialog und Ökumene der Nil-Synode ist er auch auf internationaler Ebene unterwegs. „Er ist ein absoluter Glücksfall zu diesem Thema“, sagte Margit Binz, Pfarrerin für Ökumene und Interreligiösem Dialog im Evangelischen Dekanat Vorderer Odenwald, in ihrer Begrüßung.
Ein Gott, aber unterschiedliche Vorstellungen von Gott
Auf Einladung des Evangelischen Dekanats Vorderer Odenwald und des Katholischen Dekanats Dieburg referierte Tharwat Kades in Reinheim über die schwierige Situation der orientalischen Christen. Er ging besonders auf Ägypten ein, wo etwa zehn Prozent der Bevölkerung Christen sind. „Koptisch“ sage nichts aus über die Religion, so Kades, koptisch bedeute „ägyptisch“. Die meisten Christen in Ägypten seien koptisch-orthodox. Im 7. Jahrhundert sei der Islam in Ägypten eingezogen. Eigentlich kein Problem, denn anfangs seien Christen und Muslime im Austausch gewesen. „Wir glauben alle an einen Gott, aber wir haben unterschiedliche Vorstellungen von Gott“, sagte der Theologe und Islamwissenschaftler. 1928 hätten sich dann die Muslimbrüder gegründet, die Religion und Politik miteinander vermischt hätten und bestrebt seien, politisch zu wirken. Nach dem „Arabischen Frühling“ 2011 gelangte Mohammed Mursi an die Macht. Er habe den Christen gedroht. Christen und intellektuelle Muslime hätten gemeinsam gegen die Muslimbrüder demonstriert. Die zerstörten im Sommer 2013 viele christliche Gebäude, darunter auch Kades‘ Kirche in der Provinz Minya. Das Militär stürzte Mursi und die Muslimbrüder, wofür Kades noch heute dankbar ist: „Ohne Militär und Polizei in Ägypten wären wir vernichtet.“
Islamismus ist das Problem
„Im Orient ist die Bevölkerung sehr fundamentalistisch“, sagte Kades. Weder der Islam noch der Koran gäben vor, dass Andersgläubige getötet werden sollen. Man dürfe sich verteidigen, ja, aber nicht töten. Es sei wichtig, Flüchtlingen zu helfen, denn viele Christen seien zur Flucht gezwungen, da sie sonst wegen ihres Glaubens umgebracht würden. In etlichen Ländern, auch in Ägypten, gibt es immer wieder terroristische Anschläge – zum Beispiel auf einen Bus mit koptischen Christen oder auf Kirchen. „Bis heute leben wir unsicher als Christen“, sagte Kades.
Er setzt auf den christlich-islamischen Dialog. 2001 wurden zwei Pfarrer der EKHN – mit großer Unterstützung des früheren Kirchenpräsidenten Peter Steinacker – an die Universität al-Azra in Kairo entsandt. 2011 hat Kades – von der EKHN unterstützt – in Minya ein Projekt ins Leben gerufen, bei dem Pfarrer und Imame zusammen ägyptische Städte und Dörfer besuchen. „Wir denken, handeln und feiern gemeinsam“, sagte Kades. So wollten sie aufklären und Missverständnisse abbauen. Feste feiern mit den Flüchtlingen in Deutschland sieht er als gute Möglichkeit, einander kennenzulernen und einander näher zu kommen.
Für Kades ist nicht der Islam das Problem. Problematisch sei vielmehr der im Salafismus Saudi-Arabiens begründete Islamismus, der Politik und Religion vermische und die Grundlage radikaler Muslime bilde. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt: Laut Kades wird dem Propheten Mohammed ein ähnliches Zitat wie Martin Luther zugeschrieben. Er soll gesagt haben, wenn morgen das Ende der Welt wäre und er eine Pflanze in der Hand halte, würde er diese noch pflanzen.
(S.Rummel)
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