Mit der Betonung der Einstimmigkeit von Kasernenkommission und Magistrat, und der politischen Kompromissformel des „zertifizierten Rahmenplans“ als unfehlbare Bewertungsgrundlage der Investoren, wird der Öffentlichkeit in der Pressemitteilung der fälschliche Eindruck vermittelt, es gäbe für die Stadt nach Jahren der Suche letztlich nur eine heilbringende Lösung in der Kasernenfrage.
Die Einstimmigkeit in der Beschlussfassung bezieht sich allerdings formal nur darauf, dass die Stadt mit einem ersten Bewerber konkrete vertragliche Verhandlungen aufnehmen soll - erreicht ist dadurch noch nichts.
Tatsächlich hat man sich in der „Kommission für Kasernenkonversion“ zuletzt sehr intensiv mit drei sehr qualifizierten und in jeglicher Hinsicht leistungsstarken und erfahrenen Investorengruppen und dessen Konzepten befasst. Zwei dieser Konzepte weichen im Wesentlichen von der städtischen Rahmenplanung dadurch ab, dass sie einen kompletten Rückbau jeglicher Gebäude und jeglicher Infrastruktur außerhalb der denkmalgeschützten historischen Kaserne vorsehen, um den hohen Qualitätsanforderungen der gewünschten städtebaulichen Entwicklung durch eine völlig neu geordnete Bebauung überhaupt gerecht werden zu können.
In Anbetracht der langen Genesis der politischen Willensbildung zur Kasernenneunutzung ist es zwar folgerichtig, die entscheidenden Vertragsverhandlungen mit dem Bewerber zu beginnen, der in seinem Konzept die Vorgaben der Rahmenplanung am weitestgehenden einzuhalten verspricht, aber von einem „Meilenstein“ und einer „Lösung“ in der Kasernenfrage kann zum jetzigen Zeitpunkt keine Rede sein, da noch offen bleibt, ob die Stadt ihre hohen Ziele auch vertraglich durchsetzen kann.
Als grundlegendes städtebauliches Ziel wurde formuliert, dass in dem neu entstehenden Quartier „modellhaft neue Formen des ökologischen, ökonomischen und sozial nachhaltigen Wirtschaftens, Arbeitens und Wohnens realisiert werden sollen“.
Wenn zwei von drei geeigneten Interessenten durch ihre bundesweite Konversionserfahrung die klare Auffassung vertreten, die innovativen städtebaulichen und ökologischen Ziele Babenhausens nur durch einen konsequenten Rückbau und eine baulichen Neuordnung wirtschaftlich erreichen zu können, sollte das alle Entscheidungsträger aufmerksam machen.
Bei aller Übereinstimmung mit dem vielgepriesenen städtischen „Rahmenplan“ wird es daher beim bisher favorisierten Konzept immer fraglicher, ob mit dem „ Erhalt der Geschosswohnungen der ersten Bebauungsreihe an der B26“ und der veralteten Gesamtstruktur, sowohl die gewünschten Zielgruppen als auch die oben genannten Qualitätsmerkmale überhaupt zu erreichen sind?
Es liegt jetzt ausschließlich in der Verantwortung des Magistrates die Interessen der Stadt in den vorbereitenden Vertragsverhandlungen umfassend und weitsichtig zu wahren.
Wenn nicht alle Ziele und Risiken in der Kasernenentwicklung vertraglich klar abgesichert werden können, ist die Verengung der Verhandlungen auf das selbst vorgegebene Konzept nicht mehr zielführend.
Es bestehen zwar durchaus Chancen, mit dem jetzt favorisierten Verhandlungspartner auch zu einem guten Vertragsabschluss zu kommen. Dennoch muss im weiteren Verfahren unbedingt vermieden werden, in der Selbstbezüglichkeit abgeschlossener politischer Gremien und deren Beratern, den selbst gesetzten Vorgaben blindlings zu folgen und alle Alternativen kategorisch auszuschließen und vor der Öffentlichkeit zu verleugnen.
Der bisher größte Erfolg der Kommission ist es für eine erfolgreiche Kasernenkonversion überhaupt drei seriöse, hochinteressante und leistungsstarke Investoren gefunden zu haben, die sich der hoch gelegten Messlatte stellen. Diese starke Verhandlungsposition gegenüber den Investoren und der BIMA darf durch eine verfrühte Festlegung nicht leichtfertig auf das Spiel gesetzt werden.
In der jetzigen Vorgehensweise zur Kasernenentwicklung liegt die folgenschwere Gefahr, am Ende ein Ergebnis zu bekommen, das niemand außer einer Handvoll berufener wollte. Eine zweite Erfahrung, wie in der Freibadsanierung, in der Fakten geschaffen wurden bevor man sie der Öffentlichkeit erklärt hat, ist der Stadt und der Bevölkerung nicht zumutbar.
Im klaren Widerspruch zur offiziellen Pressemitteilung ist jetzt gerade der „Meilenstein“ erreicht, an dem erstmals die Ziele des vielgepriesenen „zertifizierten Rahmenplans“ in den konkreten Vertragsverhandlungen einer kritischen Bewertung standhalten müssen; und mit aller gebotenen Transparenz die Entscheidung des Magistrates für eines von drei kritisch geprüften Entwicklungskonzepten gegenüber der Öffentlichkeit nachvollziehbar zu begründen sein wird.
Oliver Bludau, FWB-Stadtverordneter und Mitglied der Kommission für Konversion
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