Antwort der Kommunalaufsicht auf unsere Dienstaufsichtsbeschwerde

Zu: „Neue Entwicklungen im Konflikt um die Änderung des Bebauungsplans Ost II“ - Babenhäuser Zeitung vom 11. Juni 2015 und „Bürger klären auf“ - Babenhäuser Zeitung vom 27. April 2015.
Wie angekündigt, möchten wir Sie als Mitbürger über die Vorgänge rund um die Änderung des Bebauungsplans Ost II / Teil 4 „Im Frauenborn“ auf dem Laufenden halten.

Ende Juni haben wir, wie angekündigt, beim Landrat eine umfangreiche Dienst- und Fachaufsichtsbeschwerde gegen den Bürgermeister, den Magistrat und den Bauamtsleiter der Stadt Babenhausen eingereicht. Die erste Reaktion des Landratsamts war sehr positiv. Die Dienstaufsicht erwartet von der Stadt, dass sie sich mit den Fragen und den Kritikpunkten unserer Beschwerde im Einzelnen auseinandersetzt und unaufgefordert zur Beurteilung dienende Unterlagen übersendet. Damit ist die Stadt jetzt erstmals gezwungen, sich zu den falschen Offenlegungsunterlagen, zur Kaufpreisermittlung, zum Auswahlverfahren des Grundstückskäufers und zu den gezielten Fehlinformationen zu äußern. Die Kommunalaufsicht erwartet zusätzlich eine Stellungnahme der Stadt zur Rolle des Bauamtsleiters im Verfahren um die Bebauungsplanänderung. Wir haben hier insbesondere einen vermuteten Interessenkonflikt angeführt, da der Bauamtsleiter noch Monate nach dem Bekanntwerden des Kaufinteresses seines Sohnes für das neu zu schaffende Grundstück mit dem Vorgang persönlich befasst war. Bemerkenswert ist, dass die Kommunalaufsicht den endgültigen Verkauf des Grundstücks bis zur Aufklärung der Tatbestände untersagt hat. Sie verlangt schließlich Einsicht in die Unterlagen zur Selbstanzeige des Magistrats bei der Staatsanwaltschaft sowie die Zusendung des Abschlussberichts des Akteneinsichtsausschusses sobald dieser verfügbar ist.
Damit kommen wir zum nächsten Punkt, dem Akteneinsichtsausschuss. Am 15. Juli fand bereits die vierte Sitzung  statt. Eingesehen und ermittelt wurde bisher jedoch noch gar nichts. Fast drei ganze Sitzungen benötigte der Ausschuss, um sich auf den Ablauf zu einigen, nur um in der vierten Sitzung genau diesen Ablauf wieder in Frage zu stellen.
Die Akteneinsicht soll sich in sechs Blöcken mit verschiedenen Fragen rund um die Vorgänge der geplanten Bebauungsplanänderung befassen. So hatte man sich darauf geeinigt, zu Beginn jeder Sitzung die Beratung über die Ergebnisse der Einsicht des vorherigen Blocks öffentlich durchzuführen. Dies soll jetzt aber wieder geändert werden, da ansonsten die anwesenden Bürger ja Rückschlüsse auf den Inhalt der Akten ziehen könnten. Wie fast immer handelte es sich um einen fast einstimmigen Beschluss. Einzig Herr Bludau von den Freien Wählern wollte den zuvor beschlossenen Ablauf beibehalten und die Öffentlichkeit der Beratungen sicherstellen. Die meisten Mitglieder des Akteneinsichtsausschusses haben Ihren Auftrag scheinbar nicht richtig verstanden. Es geht darum die Sachverhalte aufzuklären und nicht darum, sich der Linie des Magistrats und der Stadtverwaltung anzuschließen und jeden Einblick in die Vorgänge zu verhindern.
In den Sitzungen des Akteneinsichtsausschusses reiht sich schon jetzt eine Peinlichkeit an die andere. In der dritten Sitzung des Ausschusses führte Bürgermeister Knoke aus, dass die Stadtverwaltung die Akten mit eigenen Notizen, Anmerkungen und Kommentaren versehen habe. Gleichzeitig lehnte die Mehrheit der Ausschussmitglieder das Angebot der Anwohner ab, vor Beginn der Akteneinsicht die Fragestellungen und die Probleme des Bebauungsplanänderungsverfahrens darzustellen und damit eine Fokussierung und Beschleunigung bei der Aktenprüfung zu ermöglichen.
Es stellte sich außerdem heraus, dass die Richtlinie für die Vergabe von Wohnbaugrundstücken zwar in den Akten des Akteneinsichtsausschusses vorhanden ist, den Stadtverordneten aber wohl im Rahmen ihrer üblichen Stadtverordnetenunterlagen nicht zur Verfügung steht. Somit treffen die Stadtverordneten scheinbar ohne Kenntnis dieser Richtlinie Entscheidungen über den Verkauf von städtischen Grundstücken. Viele Gemeinden im Umkreis stellen diese Informationen ins Internet. Als Beispiel sei Groß-Umstadt genannt. Wir haben unsererseits die Unterlagen angefordert und untersucht. Uns ist dabei schnell aufgefallen, warum das Babenhäuser Bauamt diese Richtlinie, im Gegensatz zu anderen Satzungen, nicht im Internet bereitstellt.
Babenhausen und Groß-Umstadt verwenden für die Richtlinie eine ähnliche Vorlage. Ein wichtiger Unterschied ist uns aber sofort aufgefallen. Heißt es in der Richtlinie für die Vergabe von Wohnbaugrundstücken in Groß-Umstadt: „Der Kaufpreis für städtische Wohnbaugrundstücke ist so festgesetzt, dass er dem Bodenrichtwert angemessen ist.“ findet man hierzu in Babenhausen unter dem gleichen Punkt: „Der Kaufpreis für städtische Wohnbaugrundstücke ist so festgesetzt, dass er nach sozialen Verhältnissen angemessen ist.“ Es gibt in Babenhausen somit keinen objektiven Richtwert für Grundstücksbewertungen. Damit wird unserer Meinung nach schon hier einer möglichen Vetternwirtschaft und Korruption Tür und Tor geöffnet. Die Richtlinie sollte schnellstmöglich angepasst und aktualisiert werden. Die einzige Möglichkeit der Stadt Babenhausen, einem möglichen Vorwurf der Korruption bei Grundstücksgeschäften zu entgehen, ist es bei jedem Grundstücksgeschäft das Ortsgericht mit einer Schätzung zu beauftragen. Die Schätzung des Ortsgerichts zum fraglichen Baugrundstück in Ost II, sofern es sie denn gibt, will die Stadt aber nicht vorlegen. Die Richtlinie verlangt außerdem eine Eintragung von Kaufinteressenten in eine Vormerkliste. Auch hierzu will sich die Stadt bisher nicht äußern. Schließlich beinhaltet die Babenhäuser Richtlinie für die Vergabe von Baugrundstücken eine Einkommenshöchstgrenze. Dazu, ob dieses Kriterium beim Kaufinteressenten überhaupt erfüllt ist, Sie ahnen es sicherlich schon, will sich die Stadt nicht äußern.
Der Akteneinsichtsausschuss soll die Änderung eines vorhandenen Bebauungsplans untersuchen. Normalerweise würde man davon ausgehen, dass man sich zuerst einmal die Unterschiede zwischen dem alten und neuen Bebauungsplan ansieht. Was der Bürgermeister, als Leiter der Stadtverwaltung, in den Akten aber bisher nicht zur Verfügung gestellt hat, ist der ursprüngliche Bebauungsplan von 1983. Ist dies ein Versehen oder Vorsatz? In den aktuellen Offenlegungsunterlagen ist eine Planzeichnung des ursprünglichen Bebauungsplans von 1983 nur in deutlich verkleinertem Maßstab dargestellt. Dieser noch gültige Bebauungsplan ist aber auf der Internetseite des Landkreises Darmstadt-Dieburg (www.ladadi.de unter Bürger GIS) öffentlich zugänglich. Wir haben die Originaldateien heruntergeladen und analysiert. Diese Originaldateien haben auch dem Bauamt beim Entwurf der Bebauungsplanänderung zur Verfügung gestanden. Für das Bauamt mit seinem Leiter und den Bürgermeister ist natürlich sehr peinlich, was im ursprünglichen Bebauungsplan alles zu erkennen ist und was im Umkehrschluss in den aktuellen Offenlegungsunterlagen alles fehlt. In den aktuellen Offenlegungsunterlagen fehlt der skizzierte bebaubare Bereich des Nachbargrundstücks. Weiterhin fehlt der korrekte Verlauf der Hochspannungsleitung über dem Grundstück. Dieser ist in den Offenlegungsunterlagen in Text und Bild falsch dargestellt. Während im gültigen Bebauungsplan von 1983 der Schutzstreifen von 19 Meter um die Hochspannungsleitung eindeutig markiert und beschriftet ist, fehlt er in den aktuellen Offenlegungsunterlagen gänzlich. Wir sind auf eine Erklärung der Stadt zu diesen offensichtlichen Mängeln sehr gespannt.
Zu den schriftlichen Einwänden gegen die Bebauungsplanänderung von mehr als einem Dutzend Anwohner hat sich die Stadt bisher auch noch nicht geäußert. Wir erwarten hier, wie rechtlich vorgeschrieben, eine ausführliche Antwort auf unserer Kritikpunkte.
Am Ende kann man zusammenfassend feststellen, dass die Kommunalaufsicht sich nun als unabhängige Überwachungsbehörde eingeschaltet hat und von der Stadt eine Aufklärung über die Vorkommnisse rund um die Planung des neuen Grundstücks im Baugebiet Ost II verlangt. Die Stadtverwaltung hält im Akteneinsichtsausschuss bisher an Ihrer Linie der Fehlinformation fest, wie man am Fehlen des ursprünglichen Bebauungsplans in den Unterlagen und durch die Ergänzung der Akten mit eigenen Kommentaren feststellen kann. Die Mehrheit des Ausschusses ist, nach unserem bisherigen Eindruck, ebenfalls nicht an einer Aufklärung interessiert. Statt die Akten einzusehen und für Aufklärung zu sorgen, wird im Wesentlichen darüber debattiert, wie man die Öffentlichkeit von den Beratungen am besten fernhalten kann. Wir werden als Bürger aber weiterhin auf einer Aufklärung bestehen!     

Dr. Andreas Stocker, Renate Stocker, Frank Beck

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