Worum geht es?
Die Stadt Babenhausen plant, einen seit 34 Jahren bestehenden Bebauungsplan zu verändern. Ziel ist es, ein neues Baugrundstück zu schaffen, obwohl die bestehende Grünanlage dafür nicht ausreichend ist. Es geht somit nicht um die Umwandlung eines „Wiesengrundstücks“ oder um die „Schließung einer Baulücke“ wie von der Stadt behauptet, sondern um die Neu- und Umorganisation von sage und schreibe acht ausgewiesenen Flächen. Diese beinhalten sowohl die einzige Grünanlage des Wohngebiets als auch Teile eines bisher vorhanden Feldweges zur Lache, sowie des Bürgersteigs und der öffentlichen Straße „Im Frauenborn“.
Diese Umgestaltung ist schon aufgrund Ihres hohen planerischen Aufwands und der damit verbundenen hohen Kosten sehr ungewöhnlich. Noch ungewöhnlicher ist allerdings, dass die Stadt nur ungefähr die Hälfe des aktuellen Marktwertes für das entstehende Grundstück verlangt und dass das Baugrundstück unter Ausschluss der Öffentlichkeit an den Sohn des Bauamtsleiters verkauft werden soll.
Die Hintergründe
Im Winter 2013 kündigte die Stadt überraschend Anwohnern des Wohngebiets Ost II die Pachtverträge für gepachtete Grundstücksteile, meist entlang des Bürgersteigs der Jürgen-Schumann Straße. Die Anwohner wurden ins Bauamt gebeten, wo Ihnen Angebote für die nicht bebaubaren Gartenflächen von 150€ pro m2 bzw. 110€ pro m2 gemacht wurde. Es gab vom Bauamt bei diesen Gesprächen keinerlei Hinweise darauf, dass eine Änderung des Bebauungsplans vorgesehen war, obwohl die Planungen hierzu schon seit Anfang 2013 liefen. Überraschenderweise wurden die Kaufangebote für viele Anwohner wenig später wieder zurückgezogen und die Flächen weiter verpachtet. Dieses unergründliche Vorgehen im Winter 2013/2014 gab erst im Zusammenhang mit den dann folgenden Ereignissen ein Gesamtbild.
Schon einige Monate vorher verhandelte die Stadt mit den direkten Nachbarn über den Verkauf der bestehenden Grünanlage als zusätzliches Gartengrundstück zum Preis von 65€ pro m2. Der Verkauf kam aber nicht zustande, da die Stadt beschloss, ein neues Baugrundstück zu schaffen.
Die Stadt hat für die Preisermittlung das unter einer Hochspannungsleitung gelegene Baugrundstück virtuell geteilt und den Preis für den bebaubaren Anteil auf 240€ pro m2 festgesetzt (zum Vergleich: Bodenrichtwert: 270€ pro m2, Grundstücke Lachewiese (in Sichtweite): 250-300€ pro m2). Der Gartenanteil, der den Nachbarn noch für 65€ pro m2 angeboten wurde, hat der Magistrat dem Sohn des Bauamtsleiters für 15€ pro m2 offeriert. Somit verfiel der Preis für Gartengrundstücke im Baugebiet Ost II innerhalb weniger Monate um bis zu 90%. Der Gesamtpreis des neuen Baugrundstücks beträgt laut Magistrat insgesamt somit nur noch 139€ pro m2 und liegt damit selbst noch unter dem Quadratmeterpreis, den die direkten Nachbarn bei Ihrem Grundstückskauf 1998 zahlen mussten! Das Hessische Statistische Landesamt weist für den Zeitraum vom 1998 bis heute einen Anstieg der Grundstückspreise in Hessen von ca. 80% aus.
Erschwerend kommt hinzu, dass die Stadt bis heute der Öffentlichkeit keinerlei Nachweis über eine Ausschreibung oder ein Angebot an andere Interessenten, wie beispielsweise den direkten Nachbarn, geben kann. Noch schlimmer, für mehr als 10 Monate weigerte sich die Stadt, die Anwohner über die Planungen zu informieren und verwies auf das Offenlegungsverfahren. Andere Interessenten hatten also nie die Chance sich für das Grundstück zu bewerben. Die Stadt hat bisher auch nichts gegen den Interessenkonflikt im Bauamt unternommen. Noch im Juli 2014 hat der Bauamtsleiter als verantwortliche Person für die Bebauungsplanänderung mit Anwohnern gesprochen.
Der politische Skandal
Die Stadtverwaltung hat sich jedoch nicht damit begnügt, nur die Kommunikation mit den Anwohnern zu verweigern. Sie hat auch nicht davor zurückgeschreckt, die Anwohner und die Öffentlichkeit über Ihre Vorhaben falsch zu informieren. So schrieb die ehemalige Bürgermeisterin Frau Coutandin den direkten Nachbarn im Februar 2014: „Weiterhin soll für den Bereich ein Bebauungsplan aufgestellt werden und dort ein Wohnbaugrundstück realisiert werden. Nach der Rechtskraft des Bebauungsplans besteht dann die Möglichkeit das Grundstück zu erwerben“.
Ein (Vor)Vertrag zum Verkauf des Baugrundstücks wurde jedoch nur wenige Monate später mit demSohn des Bauamtsleiters geschlossen und das ohne rechtkräftigen, neuen Bebauungsplan!
Eine Nebelkerze war die sogenannte „Selbstanzeige des Magistrats“. Angekündigt wurde sie durch eine Pressemittelung der ehemaligen Bürgermeisterin Coutandin Anfang Juli 2014. Daraufhin haben Mitglieder des Magistrats mit Verweis auf ein laufendes staatsanwaltliches Verfahren die Kommunikation mit Anwohnern verweigert. Es gab zu diesem Zeitpunkt aber überhaupt keine Selbstanzeige! Laut offizieller Webpage der Stadt Babenhausen wurde die Selbstanzeige erst am 20. November 2014 (!) bei der Staatsanwaltschaft eingereicht. Der Magistrat und die Verwaltung, mit dem Bürgermeister an der Spitze, weigern sich bis heute, sowohl das Aktenzeichen zu nennen, als auch Angaben über den Inhalt der angeblichen Selbstanzeige zu machen. So weiß kein Babenhäuser Bürger auf welchen Straftatbestand sich die Selbstanzeige bezieht. Geht es in der Selbstanzeige um Untreue oder Korruption oder um beides oder um weitere oder andere Straftatbestände? Was hat die Staatsanwaltschaft darauf geantwortet? Hat Sie sich überhaupt für solche politischen Spielereien einspannen lassen? Welche Unterlagen hat der Magistrat bei der Staatsanwaltschaft vorgelegt? Da die Babenhäuser Bürger für diesen Unsinn einen Anwalt bezahlt haben, haben Sie unseres Erachtens auch ein Anrecht darauf zu erfahren, wofür die Stadt das Geld ausgegeben hat.
Die Stadtverordneten haben aufgrund der offensichtlichen Ungereimtheiten bei der Erstellung der Bebauungsplanänderung und dem bereits erfolgten Verkauf des Grundstücks im November 2014 einen Akteneinsichtsausschuss beschlossen.
Das hielt die Mehrheit der Stadtverordneten von SPD und CDU aber nicht davon ab, am 26.3.2015 dem Offenlegungsbeschluss zuzustimmen, noch vor der ersten Sitzung dieses Ausschusses. Sie verzichtet damit freiwillig auf ihr demokratisches Recht zur Kontrolle der Magistratsbeschlüsse. Die Leser der Babenhäuser Zeitung haben den Kommentar von Herrn Bludau (Freie Wähler) sicherlich gelesen.
Zusammenfassend kann man sagen, dass die Babenhäuser Steuerzahler das betreffende Baugrundstück mitfinanzieren. Die direkten Anwohner haben die Erschließung mitbezahlt, da nur die bebaubaren Grundstücke hierzu miteinbezogen wurden. Alle Mitbürger haben bereits die komplizierte Planung und die Anwaltskosten für die unsinnige Selbstanzeige bezahlt. Sie werden auch auf marktübliche Einnahmen aufgrund des günstigen Verkaufspreises verzichten.
Zum Schluss werden die Bewohner der Kernstadt dann wohl nochmals zur Kasse gebeten und auch an den Kosten der Baumaßnahmen zur Veränderung des Straßenverlaufs „Im Frauenborn“ beteiligt. Sie haben sicherlich vor kurzem die Information der Stadt zu den Straßenbeiträgen gelesen. Unsere Anfrage an die Politik und Verwaltung zu diesem Themenkomplex blieb natürlich, wie üblich, unbeantwortet.
Babenhausen ist aber nicht Berlin. Fragen Sie als mündige Bürgerinnen und Bürger den Bürgermeister, die Magistratsmitglieder und die Stadtverordneten direkt, wieso trotz der schwierigen wirtschaftlichen Situation ein Einzelbauplatz mit hohem planerischen Aufwand in einem bestehenden Wohngebiet erstellt werden soll, nur um ihn dann unter Marktpreis zu verkaufen. Fragen Sie auch, warum die Stadt die Planungen bis zur Offenlegung unter Verschluss hielt und sich kein anderer Bürger für das Baugrundstück bewerben konnte.
Die Offenlegung läuft seit vorletzter Woche. Laut Offenlegungsbeschluss können alle Babenhäuser Bürger Ihre Einwände im Bauamt vorbringen. Geben Sie Ihrem Unmut Ausdruck und widersprechen Sie aktiv dieser Bebauungsplanänderung!
Dr. Andreas Stocker, Renate Stocker, Frank Beck
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