1.) Grundsätzlich wird zwischen dem Haushaltsdefizit (Defizite aus laufenden und wiederkehrenden Kosten) und den Schulden unterschieden. Das Land Hessen verlangte von allen defizitären Städten (nahezu alle hessischen Städte in 2014), das Haushaltsdefizit mit dem Haushaltsjahr 2019 auf Null herunterzufahren. Sparmaßnahmen auf der Basis von Beschlüssen der Stadtverordnetenversammlung wurden frühzeitig von der Verwaltung angegangen. Dazu gibt es ein Konsolidierungskonzept, dass seit 2010 fortgeschrieben wurde und einen ausgeglichenen Haushalt bis 2019 festlegte. Danach sollte 2016 das Defizit 1,6 Mio. € betragen. In einer Nacht- und Nebelaktion wurde dieser Termin Ende 2014 von Landesinnenminister Beuth (CDU) willkürlich auf 2017 gelegt. Stellen Sie sich einmal vor, Sie hätten ein Hypothekendarlehen über 15 Jahre abgeschlossen. Und morgen sagt Ihnen Ihre Bank, dass Sie fünf Jahre früher das Darlehen abzuzahlen hätten. Wie würden Sie reagieren?
2.) Um den Haushalt anzupassen, kann man an der Einnahmeseite und an der Ausgabenseite „drehen“. Dazu hat Bürgermeister Knoke im Frühjahr mit dem Haushalt 2016 ein Konzept vorgelegt, in dem einerseits ein Sparkurs gefahren wird und andererseits die Grundsteuer um ca. 250 Punkte erhöht werden sollte. Das entspricht in etwa 13,60 € für ein mittleres Einfamilienhaus im Monat. Diese Vorgehensweise hätte es ermöglicht, die Vereinsförderung, die Seniorennachmittage, Ferienspiele, das Schwimmbad, die Stadtbücherei u.v.a.m. ohne Probleme zu erhalten. SPD und Grüne haben dies unterstützt.
3.) Mit der Weigerung der CDU/FWB-Koalition in der Stadtverordnetenversammlung (beide Fraktionen haben zusammen eine Mehrheit von einer Stimme), diesem Kompromissvorschlag zuzustimmen, zwangen sie die Verwaltung zur „vorläufigen Haushaltsführung“. Dies ist gesetzlich im §99 der Hessischen Gemeindeordnung festgelegt. Und bedeutet die Streichung der sogenannten freiwilligen Leistungen. Dazu gehören u.a. die Förderung unserer Vereine, Angebote für Senioren, der Betrieb der Schwimmbäder, Stadtbücherei, Unterstützung von kulturellen Ereignissen und die Aufstellung von Weihnachtsbäumen. Dies hat Achim Knoke in der Bürgerversammlung im Juni sehr deutlich dargestellt.
4.) Mit CDU/FWB Mehrheit wurden nun eine Reihe von Sparvorschlägen mit den rein politischen Zielen verabschiedet, viele gute Errungenschaften aus den letzten Jahren rückgängig zu machen. Auch der Bürgermeister soll schlecht aussehen. Dazu gehören z.B. die Abschaffung der einkommensgestaffelten Kindergartengebühren (bedeutet: Geringverdiener werden in Kürze für Ihre Kinder deutlich mehr zur Kasse gebeten, Einkommensstarke aber nicht!)
5.) Viele Vorschläge sind bei näherer Betrachtung unseriös und lassen sich nicht umsetzen. Zum Beispiel die Forderung der CDU/FWB-Koalition an den Bürgermeister, die sogenannte Kreisumlage zu reduzieren, auf die er allerdings keinen Einfluss hat. (Kreisumlagen sind Zahlungen, die die Stadt Babenhausen an den Landkreis leisten muss, um dessen Finanzbedarf zu decken.) Das ist in etwa so, als fordere man den Bürgermeister auf, die Benzinpreise zu senken, um die Kosten des städtischen Fuhrparks zu mindern - und würde dies den Bürgern als sinnvolle Sparmaßnahme verkaufen. Auch sollen im Bereich Sicherheit und Ordnung 245.000 € eingespart werden - das kann nur mit der Entlassung der Hilfspolizisten einhergehen - aber wollen das die Wähler?
6.) Und genau dieselben Leute, die den Bürgermeister gezwungen haben, die freiwilligen Leistungen zu streichen, fordern nun - kurz vor Weihnachten - die Aufstellung von Weihnachtsbäumen in der Kernstadt und den Ortsteilen. Dies ist an Populismus kaum mehr zu überbieten. Ich bin mir sicher, dass die Babenhäuser Bürgerinnen und Bürger auf diese Art der Politik nicht hereinfallen. Auch ist dies nicht der Stil unseres Bürgermeister, ein Bürgermeister, den die Babenhäuser auch deswegen gewählt haben, weil er immer wieder Redlichkeit und Gemeinsamkeit betont - und auch lebt.
Ralf Schlingmann, Babenhausen
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