Elaine Kahn auf Spurensuche in Babenhausen und Sickenhofen „Wir mussten die einzige Heimat verlassen“

Elaine Kahn am Grab ihrer Urgroßeltern Isaak und Karoline Kahn auf dem jüdischen Friedhof in Babenhausen.

Auf Spurensuche in Babenhausen und Sickenhofen hat sich dieser Tage Elaine Kahn aus den Vereinigten Staaten begeben. Dabei wurden die Grabstätte ihrer Urgroßeltern auf den jüdischen Friedhof in Babenhausen und die Gräber der Ururgroßeltern auf dem jüdischen Friedhof in Sickenhofen besucht.

Elaine Kahn, die in Begleitung von Rabbiner Lawrence Troster war, gehörte zu einer eingeladenen Gruppe von Nachfahren jüdischer Einwohner aus Südhessen, die gerade noch rechtzeitig dem Holocaust entkommen konnten. In Michelstadt im Odenwald war Standquartier. Ein Nachmittag gehörte Babenhausen und seinem Stadtteil Sickenhofen, ein weiterer Tag der Kommune Lorsch, denn von dort waren ihre Vorfahren geflüchtet.

Die Kahn-Vorfahren von Elaine Kahn stammen aus Hergershausen und Sickenhofen. In diesen beiden Orten lebten die Mitglieder der weit verzweigten Familie und sind seit der Mitte des 18. Jahrhunderts nachweisbar. Und so wurden auf dem jüdischen Friedhof in Sickenhofen unter Führung von Stadtarchiv Georg Wittenberger die Grabstätten des Ururgroßvaters Israel Kahn, der 1894 starb, und dessen Frau Johanette geb. Frank, die schon 1881 gestorben waren, besucht.

In Babenhausen selbst liegen die Urgroßeltern begraben: Der Viehhändler Isaak Kahn, der 1857 in Sickenhofen geboren wurde und 1923 in Babenhausen starb, sowie seine Ehefrau Karoline Kahn, die aus Worfelden stammte und wenige Monate vor ihren Mann 1922 in Babenhausen starb. Beide hatten 1883 in Worfelden geheiratet, waren aber danach noch längere Zeit in Sickenhofen ansässig gewesen.

Isaak und Karoline Kahn hatten mehrere Kinder, von denen nicht alle den Holocaust überlebten. Zu den Ermordeten gehört unter anderen der Viehhändler Karl Kahn, der seit 1934 mit seiner Familie in Babenhausen, Fahrstraße 80, ansässig war. Von Schlierbach aus wurden er und seine gesamte Familie am 18. März 1942 deportiert und ermordet. Der Bürgermeister von Schlierbach umschrieb dies damals so: „Die Familie ist ausgewandert.“

Ein Bruder von Karl Kahn war der 1892 in Sickenhofen geborene Leopold Kahn, der Großvater von Elaine. Dieser Leopold Kahn, von Beruf Viehhändler, heiratete 1924 in Lorsch Karola Mainzer. Da das Paar fünf Söhne hatte, wurde er „der Buwe-Kahn“ genannt. Die beiden ältesten Buben, Ernst und Berthold Kahn, hatten bereits Zuflucht in England gefunden, als den Großeltern von Elaine Kahn im Jahre 1939 die Flucht nach Kanada gelang. Schon im August 1933 hatte ein Greifertrupp der SS alle männlichen Juden in Lorsch verhaftet und für geraume Zeit ins KZ nach Osthofen gebracht. Nach dem Synagogenbrand 1938 musste sich Großvater Leopold Kahn auf dem Rathaus melden und wurde ins KZ Buchenwald verschleppt. Großmutter Karola Kahn stellte am 22. November 1938 den Ausreiseantrag. Der Rettungsplan gelang, in Kanada wurde die Familie ansässig. 1979 schrieb die Großmutter in Ontario ihre Lebensgeschichte nieder: „Wir mussten die einzige Heimat verlassen, die ich jemals gekannt hatte.“   wi.

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