Unbestritten kann dabei zwar jeder eingesparte Euro durch den Investor wieder in die hochtrabenden Entwicklungsziele investiert werden, doch ist ein niedriger Kaufpreis alleine noch keine Garantie für die Verwirklichung der wichtigsten städtebaulichen Anforderungen des neuen Stadtviertels. Obwohl die Kaufpreisgestaltung untrennbar vom Grad der Umsetzung der vorgegebenen Entwicklungsziele ist, gibt es bisher keine rechtsverbindliche Lösung, weder für die Stadt, noch für die BIMA, wie und ob die hohen Qualitätsanforderungen und städtebaulichen Ziele gegenüber dem Investor nach einem preisgünstigen Verkauf auch durchsetzbar sein werden. Weder durch die Regelungen des Baugesetzbuches, noch durch einen städtebaulichen Vertrag, lässt sich festlegen, dass in die gesamten verbleibenden Geschosswohnungsbauten „modellhafte Akademikerfamilien mit nachhaltigem ökologischen Bewusstsein“ einziehen werden. In der Realität wird die Entwicklung des Geländes sich den Gesetzen des Marktes und der Wirtschaftlichkeit unterwerfen müssen und nicht einem kommunalpolitischen Utopia.
Neben völlig ungeklärten Fragen zur Rechtskonstruktion zum Kauf der Liegenschaft (Erstzugriffsoption der Stadt) und zu den wichtigsten konkreten Bestandteilen des städtebaulichen Vertrages mit dem Investor, hat die verfrühte Festlegung der Stadt auf einen einzigen Bewerber und ein einziges Entwicklungsmodell die eigene Verhandlungsposition erheblich geschwächt und geradezu ausweglos gemacht. Am Ende wird man jetzt aus reinem Zeit- und Erfolgsdruck einer Lösung zustimmen, die noch alle stadtentwicklungspolitischen Risiken beinhaltet, die man durch die Anstrengungen der letzten Jahre verhindern wollte.
Die Erfahrung zweier großer, national agierenden Entwicklungsgesellschaften, die in ihrer Bewerbung den kompletten Rückbau der gesamten Bebauung (ausgenommen denkmalgeschützter Gebäude) empfohlen haben, um das Gelände sukzessive, nachfragegerecht und ohnehin nach aktuellen Baustandards völlig neu zu entwickeln, wurden aus reiner Borniertheit in die eigenen politischen Ideen vom Tisch gewischt. Wäre man diesen Überlegungen gefolgt, hätten sich alle Handlungsschritte, vom Wertgutachten und der Kaufpreisermittlung bis hin zur Bebauungsplanung und der Realisierung, erheblich verkürzt und vereinfacht, ohne schlussendlich doch größere Risiken einer Fehlentwicklung in der Kasernenkonversion eingehen zu müssen.
In der gegenwärtigen Situation ist die Verengung der Diskussion auf den Kaufpreis ein schwerwiegender politischer Fehler, da die elementaren städtischen Interessen nur durch sehr komplexe Vertragswerke und verbindliche Regelungen gegenüber dem Investor durchsetzbar sein werden. Ohne einen klaren weiteren „Fahrplan“ der Stadt, ist jede weitere Erfolgsmeldung über eine mögliche Kaufpreiseinigung mit der BIMA nur die halbe Miete. Denn weder in der Kasernenkommission, noch im Magistrat, wurden hierüber substanzielle Gespräche geführt. Gerade im Hinblick auf die finanziellen Auswirkungen auf den städtischen Haushalt hätten schon längst konkrete Lösungsmodelle zur sogenannten Erstzugriffsoption der Stadt und der Weiterveräußerung an den Investor diskutiert werden müssen. Doch die sich abzeichnende Vorfestlegung der juristischen Berater auf die Gründung einer gemeinsamen „Objektentwicklungsgesellschaft“ durch Stadt und Investor, werden neben den oben genannten Risiken nur noch weitere Risiken und Belastungen bei der Stadt parken. Entgegen der Weisheit, dass schwierige Aufgaben nur durch einfache Lösungen zu meistern sind, haben die hochdotierten städtischen Berater mit diesen Ergebnissen in den letzten 7 Jahren (!) zwar ein enormes Arbeitspensum abgearbeitet, aber ihre eigentliche Aufgabenstellung verfehlt.
Daher gilt es jetzt sehr achtsam zu sein, dass sämtliche Qualitätskriterien, die wegen ihres hohen Investitionsbedarfs möglicherweise zu einem niedrigen Kaufpreis führen, auch in der Praxis verbindlich umgesetzt werden müssen. Nur so ist die Chance überhaupt gegeben, dass die Geschosswohnungsbauten an der B26 nicht doch zum sozialen Brennpunkt werden, und auch die Ausbauqualität der an die öffentliche Hand zu übertragenden Infrastruktureinrichtungen (Ver- und Entsorgung, Straßen, Plätze und soziale Einrichtungen) in perfektem Zustand sein werden.
Ich appelliere auch im Zusammenhang mit der „Erstzugriffsoption“ an alle politischen Entscheidungsträger, die Stadt nicht an einer „Objektentwicklungsgesellschaft“ zu beteiligen, sondern sich völlig unabhängig auf ihre ureigenste Planungshoheit zu konzentrieren, ohne sich unnötig in unternehmerische Verantwortlichkeiten zu verwickeln.
Oliver Bludau,
Mitglied der Kasernenkommission für die FWB
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Rubrik: Leserbriefe
20.01.2015
Stadt Babenhausen bei Kasernenkonversion schlecht beraten
Aufgabe verfehlt und zu viel Zeit verspielt
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